Achim goes Fuji: Fujifilm - X statt Nikon F
Wenn ich heute neu mit hochwertiger Fotografie anfangen wollte, würde ich zum Fujifilm X-System greifen. Habe jetzt 10 Monate Erfahrung mit der X-E2 zu der ich mir gerade das XF 2,8/14mm geleistet habe, um für die Reportagefotografie im WW Bereich hinreichend abgerundet zu sein. Mein 14er fürs Nikon F Bajonett ist dermaßen wuchtig, das ich diese Kombi nicht nutzen mag. Ansonsten nutze ich alle ziemlich kompakten, manuellen Nikkor AI oder AI-s Festbrennweiten von 24-(28)-35-50-55*-85-105*mm mit einem Adapter auf dem Fuji System (*= Micro-Nikkor). Das 28er kaum, da habe ich ja das wunderbar kleine XF 2/18mm.
Brummer und schlanke Lady: Nikon DX (APS-C) mit Vollformat 14mm. Dagegen Fuji APS-C mit passendem 14mm Objektiv. Volumen mehr als halbiert, Gewicht gedrittelt! Nikon hat nie ernsthaft APS-C Objektive gebaut. Während der Zeit der D1 (6/1999) und D2 (7/2006) gab es nur diese kleinen Sensoren, mit der D3 (8/2007)wieder Sensoren im "Vollformat" (= KB). Neu Objektiventwicklungen passierten auch während der "DX-Phase" weiterhin im Vollformat, man hat für die Presse das DX 2,8/17-55mm gebaut und sonst sollten die Fotografen gefälligst die Vollformat Linsen kaufen, im Hinblick auf "später", wenn wieder Vollformat verfügbar sein wird. Und so ist es ja auch gekommen. DX bleibt das Nikon Amateurformat mit jeder Menge Zooms, wer was anderes will muß FX Objektive kaufen. Platz- oder Gewichtsersparnis ist nur was für Weicheier!
Katzensteine in der Nordeifel als Testobjekt für das neue 14er (= 21mm bez. auf KB). Hohe Qualität in kleinem Gewand, 600g wiegt diese Kombi einschließlich L-Winkel. Basis ist das Novoflex Triopod Stativ. Der elektrische Auslöser hat leider nur Mirco USB Anschluß. Man kann aber am Auslöseknopf einen klassischen Drahtauslöser benutzen. Das 14er selber ist eine optische Perle, sowohl meßtechnisch wie fotografisch = gleichmäßig hohe Auflösung von Rand zu Rand, Ecke zu Ecke.
Wenn ich diese Nikkore nicht besitzen würde, würde ich mich weiter aus dem Fuji Gerätepark bedienen. Die beiden Reisezooms 18-55 + 55-200 sind keine billigen Set-Objektive wie bei Nikon oder Panasonic, sondern hochauflösende Ganzmetall-und-Glas-Objektive mit sehr guter, gleichmäßiger Schärfe für professionelle Nutzer, die "leicht" reisen wollen.
Wenn ich diese schönen manuellen Nikkore nicht besitzen würde, wäre meine nächsten Ergänzungen das 18-55 als Allround Zoom und das 55-200 als kompaktes Tele-Reise-Zoom. Wahrscheinlich ergänzt vom 2,4/60 Makro und 2/90 Tele.
Für die Tierfotos nach oben hin das 100-400 mit der X-T2 und (gegebenenfalls noch dem 1,4x Converter), wenn der neue Autofocus schnell genug wäre/ist für meine Flugaufnahmen, was zu prüfen bleibt.
Kleiner Exkurs ins Mittelformat:
Für die höchstwertigen Landschaftsfotos könnte man dann zum "neuen" Sony Mitteformatsensor in Form der neuen Fujifilm GFX 50s greifen. Der ist viermal so groß, wie der APS-C Sensor der "kleinen" Fujis. Auch dieses GFX System macht eine sehr guten, wertigen Eindruck. Nun, für den Body mit Standartbrennweite 2,8/63mm, wird man etwa 9.000 Okken für 51,4 MPix bezahlen müssen. Mann hätte dann 16-24-51 Mpix zur Verfügung, mit denen man wirklich jede bei mir anfallende fotografische Anforderung abdecken könnte.
Zurück zur Wirklichkeit:
Neben der guten Fertigungsqualität sind für mich die Objektive immer der entscheidende Kaufgrund für ein System. Das war, als ich mich 1978 für das neue Nikon AI System entschieden habe, genauso. Fuji baut heute die besten Objektive, Festbrennweiten wie Zooms, im APS-C Sensorbereich und das zu fairen Preisen.
Aber bleiben wir mal beim realistischen APS-C System mit seinem 16 MP Trans-X Sensor. Die Landschaftsaufnahmen, die ich damit auf Falkland gemacht habe, sind 1A: scharf, kontrastreich und sogar im JPEG Format sehr gut. Habe zwar alles in RAW, aber immer wieder mal RAW+JPEG gleichzeitig gespeichert. Bei den Panoramen wird eh nur JPEG aufgezeichnet. Die Ergebnisse sind überzeugend gut.
Daher fallen mir bislang für die Reise+Reportagearbeit nur Pros und kaum Kontras ein.
Pro:
hervorragender Sucher für halbblinde (- 8,5 Dioptrien) Brillenträger wie mich
Gehäuse: klein, leicht (350 g), stabil und funktional
Festbrennweiten: ebenfalls klein, leicht, stabil und extrem leistungsfähig (habe mir einiges zum Probieren ausleihen können)
das 18er 120g, das 14er 230g. Also Kamera mit 2 Objektiven 750g. Gerade mal soviel wie ein kleines Nikon Gehäuse des FX/Vollformates wie D 610 oder 750 oder Df ohne Objektiv
mit den beiden hochwertigen Kompaktzooms 18-55 und 55-200 bildet die Kamera, egal ob X-E2 oder X-T1, eine vollständige Fotoausrüstung, die auch professionellen Ansprüchen, wie Buch- und Magazinbebilderung, noch gerecht wird. Viele Reiseprofis sind bereits von Canikon auf Fujifilm X umgestiegen
in der Gesamtqualität, dem Preis-Leistungsverhältnis und der Zahl der hochwertigen Festbrennweiten (XF) ist Fuji derzeit unschlagbar
Con:
die großen Zooms 2,8/50-140 (1kg) oder 100-400 (1,4 kg) sind bauartbedingt auch nicht oder nur unwesentlich leichter als vergleichbare Canikons, aber qualitativ ebenfalls Spitze
es gibt oberhalb von 90mm noch keine Festbrennweite, würde mir ziemlich bald ein richtig leistungsstarkes 4/400mm mit Teleconverter (1,4x) für die Tierfotografie wünschen
Wenn das realisiert wird und der Autofocus meinen Nikons ebenbürtig wird/ist, kann ich das Nikonsystem für die Tier- und Reisefotografie ganz aufgeben. Es ist schon in die Jahre gekommen. Aber ich hänge halt dran (vor allem an den optischen Suchern) und habe viele sehr gute Objektive.
Wo bleibt OIS/IBIS oder wie auch immer die Anti-Verwackelungstechnik auch heißen mag, wird der interessierte Leser nun fragen? Ganz einfach, sie wird überbewertet, weil: sie verbessert die Möglichkeit bei schlechten Licht und nur bei statischen Motiven! Also Architektur oder Landschaft, also da, wo ich sowieso aus kompositorischen Gründen ein Stativ nehme. Sie hilft nicht bei sich bewegenden Motiven, also Tieren, Menschen, wackelnden Blumen etc. Warum? Weil die Meßeinrichtung für das Wackeln (physikalisch = Beschleunigung über mind. eine der drei möglichen Achsen) in der Kamera steckt und dann die gemessene Bewegung an die Auslenkungseinheit im Objektiv oder am Sensor weitergibt.
Also das hehre Versprechen von bis zu vier Blenden Gewinn für das "aus der Hand fotografieren" gilt nur, wenn das Motiv sich nicht bewegt! Vier Blenden bedeuten vier Lichtwerte, also wenn ich f/5,6 und 1/125 möchte, könnte ich nicht mit 1/60, oder 1/30, sondern mit 1/15 sec. belichten und würde ein scharfes Bild erhalten. Wenn mein Motiv ein Mensch auf der Straße ist, der sich mit langsamem Fußgängertempo bewegt, klappt das schon nicht! Das erzählen einem die Herstellerprospekte aber nicht. Dazu muß man Fachfotoseiten wie z.B. die von Thom Hogan (www.bythom.com) konsultieren.
Hierzu ein sehr schönes Beispiel, was ich gerade auf der Seite von Steve Huff gefunden habe:
Aufnahme im Hamburger Rotlichtviertel von © Thomas Ludwig (http://www.stevehuffphoto.com/2016/10/24/the-olympus-25-1-2-lens-review-on-the-street-by-thomas-ludwig). Die Belichtungsdaten zeigen, die Stabilisierung funktioniert bei der Straßenansicht, also den Gebäuden, perfekt. Die Fußgängerin zeigt aber die typischen Bewegungsartefakte einer Langzeitbelichtung. Diese Bewegung wird durch die Stabilisierung eben nicht kompensiert! Das muß man sich klarmachen. F/4.5, 1/8 sec. Während der Belichtungszeit legt die Fußgängerin hier etwa 5-6-cm zurück; siehe Rechenbeispiel weiter unten.
Schwenkpano: die Schülergruppe nebst Lehrerin gehen in langsamem Tempo über den Platz, Lehrerin wird zum Zwilling gedoppelt und auch der nahe Schüler mit der gelben Jacke hat Doppelkonturen = Bewegungsartefakte, weil er/sie sich zwischen zwei Aufnahmen ja weiterbewegt, auch wenn dazwischen bei einer Belichtung von 1/240 sec. nur Sekundenbruchteile liegen. Daran würde OIS auch nichts ändern! Bitte weiter nach rechts scrollen, um das ganze Bild zu sehen. X-E2, 18mm (Piran 9/2016)
Meine favorisierten Kameraeinstellungen, nebst Begründung
Für die vielen Newcomer unter den Fotobegeisterten, die vom vollautomatischen "Handy" oder Kleinchipknipse upgraden zu einer richtigen Kamera, hier meine bevorzugten Einstellungen:
wenn ich einen arroganten Besserwisser ärgern will, aber nix erklären, sage ich immer: "alles manuell"... :-)
für Landschaftsfotos stimmt das fast auch, aber einfacher geht es so: Blende vorgeben, da diese die entscheidende Bildwirkung bez. der Schärfenausdehnung im Bild erzeugt. Kleine Zahl, wie f/2,8 wenig Tiefenschärfe, große Zahl (=kleine Blende) f/11 bei Weitwinkel, je nach Brennweite, scharf von vorn bis hinten (= ausprobieren!). Achtung! Ab f/11 nimmt die Bildqualität wegen der Diffraktion wieder ab (bez. auf 16 PM und APS-C Format). Da ich ein Dokumentar bin, benutze ich eher kleinere Blenden, um Bilder zu erzeugen, die der Sehweise unseres Auges entsprechen, wie es der großartige Fotograf Sebastiao Selgado beschreibt. Wenn man sich für die Blende entschieden hat, kann man die Zeit automatisieren, also auf "A" einstellen. ISO Empfindlichkeit sollte bei Landschaften immer niedrig sein, das gibt die zusammen mit einer korrekten Belichtung (Histogramm beachten) die beste Bildqualität. Die Ausgangsemfindlichkeit meiner X-E2 beträgt 200 ISO. Sonst sollte man ein Stativ nehmen, was aus kompositorischen Gründen immer eine gute Idee ist.
Fuji Schwenkpanorama mit XF 18mm vom Stativ aus Hochformat mit L-Winkel. Bei solchen Panoramen schalte ich die Zeitautomatik ab und belichte auf den gemessenen Mittelwert des ganzen Schwenks. Bitte weiter nach rechts scrollen, um das ganze Bild zu sehen.
Bei Tierfotos (die eher Portraitfotos entsprechen), mache ich es genau umgekehrt. Hier isoliert man sein Motiv mit dem Tele mit weiter offener Blende vom Hintergrund, der auch möglichst ruhig sein sollte. AutoISO (max. 800 ISO, min. 1/125 Verschlußzeit), Blende auf "A" und Zeit auf "A", dann hat man wieder eine Programmautomatik, die passend zur Brennweite alle weiteren Parameter wählt. Übersteuern kann man diese Wahl, die ja im Sucher angezeigt wird, jederzeit mit dem "Daumenrad" Richtung weiter Blende öffnen, oder Blende weiter schließen, was aber nur innerhalb der voreingestellten AutoISO-Werte geht. Muß man ausprobieren, bis es einem in Fleisch und Blut übergeht.
Kelbgans ganz nah, die Schärfe liegt immer auf dem Auge (Falkland 1/2016)
Action bei Tierfotos, Sport, Straßenszenen. Man muß ungefähr wissen, wie schnell die Bewegung des Objektes ist. Ein Fußgänger mit 5km/h geht in einer Sekunde immerhin 1,39 Meter, in 1/100sec. 14mm. Damit wäre dies Bild vom Objekt her schon verwackelt, selbst, wenn der Fotograf nicht gewackelt hat, oder sein OIS (= optical image stabilisation) eingeschaltet hatte. Bei einem 1/500sec. bewegt sich der Fußgänger nur noch 2,8mm weit. Das sieht man im Bild nicht mehr = scharfes Bild. Als Beispiel siehe das Schwenkpano "Platz in Piran" weiter oben!
wenn's schneller ist, wie bei fliegenden Vögeln, muß man rechnen oder ausprobieren, was geht. Beim anfliegenden Papageitaucher mit 70 km/h, entspricht knapp 20 m/sec., muß es schon 1/2.000 sec sein.
Näher gehts nicht: Skua auf Bleaker Island (Falkland) direkt neben der Blauaugenscharben Kolonie. Jedesmal, wenn ich da vorbeikam wurde ich abgechecked, aber nicht angegriffen. Fuji X-E2 mit 2/18mm und 7 B/Sec. = ein Treffer. Habe aber sicherlich 10x die Gelegenheit ausgenutzt (auch mit der Nikon), dies war der nächste Anflug, etwas weiter weg gab es auch mehr Treffer, aber nicht diese dramatische Nähe. Kamera voreingestellt: AF continuous, AF-Feld dort, wo ich den Kopf hinhaben wollte, Belichtung wegen des Himmels +1,3 korrigiert.
Objektivqualität
Das hier wird kein Testbericht, sondern nur einige wichtige allgemeingültige Regeln möchte ich aufzählen:
maximale Blendenöffnung, viele denken, je größer, desto besser (vor allem aber teuerer!)
bei Landschaft und Architektur braucht man keine großen Öffnungen. Bei APS-C reichen f/2,8-4 völlig aus. Die höchste Leistung erreichen Objektive meist nach 2 Blenden Abblendung 2,8 - 4 - 5,6. f/8 ist sicherlich auch noch gut, ab f/11 schlägt die Diffraktion zu. Ich fotografieren meist mit f/8 oder noch 1-2/3 kleiner = f/9 oder f/10, als bester Kompromiß zwischen optimaler Qualität und maximaler Schärfentiefe. Achtung diese Werte sind abhängig von der Sensorgröße, hier alles auf APS-C bezogen!
Teleobjektive mit großer Öffnung sind teilweise darauf spezialisiert schon bei Offenblende Topleistung zu bringen. Beispiel Fuji XF 2/90mm. Da lohnt Abblenden kaum, man kann wunderbar freistellen. ABER, die sind teuer.
Bei Allround-Reise-Zooms sollte man auf hohe Qualität achten. Diese Linsen sind lichtschwächer, daher ist es besser, wenn man nur 1 Blendenstufe für beste Quali abblenden muß. Beispiel 2,8-4/18-55 und 3,5-4,8/55-200mm. Die variable Blendenzahl bedeutet, daß bei zunehmender Brennweite, die Blende immer kleiner wird. Also im Falle des Telezoom: f/3,5 bei 55mm, dann gleitend bis 200mm auf f/4,8 abnehmend. Hier reicht es in der Regel etwas abzublenden um das Tier, den Menschen, gut freizustellen bei gleichzeitig guter technischer Qualität der Aufnahme, also bei 200mm f/5,6 oder f/6,3. ("Blendenreihe" bitte googeln). Die Voraussetzung dafür ist aber ein wirklich gutes Objektiv!
Last, but not least: Warum nicht ein noch kleinerer Chip?
MFT oder m4/3 was dasselbe ist? Das ist das Halbformat vom Halbformat, also Viertelformat wie der Name schon sagt. "Halbe Qualität" zum gleichen Gewicht und teilweise höherem Preis (Leica Linsen, Olympus nimmt auch richtig Geld). Die Marketinger werden jetzt aufjaulen und "halbe" Qualität natürlich bestreiten. ABER nichts trägt mehr zur Quali bei, als das Chipformat (siehe hier, respektive die absolute Pixelgröße auf dem Sensor = je größer, je besser! Hilft nix is Physik!), weil man mit viel Rechenaufwand die Quali verbessern kann, sieht man den Unterschied zwischen MFT und APS-C nur beim Ausreizen des Formates. Das ist auch der Grund, warum Fuji gesagt hat, "wir machen kein Vollformat, sondern gleich das kleine Mittelformat" mit 33x44mm Sensor. Sie überspringen also eine Sensorgrößenklasse, um den Unterschied in der Quali und im Preis zu rechtfertigen. Und umgehen gleichzeitig das Problem mit den Platzhirschen Canikon zu konkurrieren, SEHR KLEVER! Damit spielen sie in der gleichen Liga wie Pentax 645, Hasselblad oder Phase One zum Preis der Pentax. Das wird spannend.
Weitere Einzelheiten und Erfahrungen zur Fujifilm X-E2 finden sich in folgenden Artikel von mir:
Fujifilm XE2 - meine neue Kamera
Text und Fotos © A.Kostrzewa (10/2016)