Volunteer Point, East Falkland (20.1.- 23.1.16, 9:30 am)

Hierher kommen wir vom Flughafen in Stanley. Von Saunders aus dauert der Flug 0:40 h. Dann geht es weiter mit einem Pajero mit riesigen Reifen. Eine Stunde über Straße und Piste und eine weitere über ein wegloses Deckenmoor um endlich Volunteer Point zu erreichen. Diese Landmarke auf Ost-Falkland liegt auf der Johnsons Harbour Farm, einer der größten auf Falkland überhaupt. Die Besitzerin, eine ältere Dame, lebt in Stanley und hat einen Verwalter, der sich um die 10.000 Schafe kümmert und ein Ehepaar, was den Hotelbetrieb en miniature betreibt.

Die Lage des Wärterhäuschens und Hotelbetriebs ist sehr idyllisch gelegen: am Rand des großen Deckenmoores direkt hinter der grasbewachsenen Stranddüne. Der Schäfer mit seinen 5 Hunden treibt die Herde mit dem Quad. Die Hunde kennen den Weg genau.  Nikon FX, AIS 2,8/24mm  © Achim Kostrzewa

 

Dann hat es das Meer mit gut zwei Kilometern weißem Sandstrand, tageszeitlich bedingt leer oder morgens und abends voller Pinguine. Nikon FX, AIS 2,8/24mm  © Achim Kostrzewa

Wenn die Touris kommen ab 11-15 Uhr ist Highlife angesagt. 22 Autos mit je vier Insassen belagern die Königspinguinkolonie. Ich halte derweil mein Mittagsschläfchen. © Achim Kostrzewa

Allen Verboten zum Trotz werden Selfies mit Königen gemacht. Die kennen das schon und tragen es offensichtlich mit Fassung. Die Touris stellen sich auf den Standpunkt: "Wir haben schließlich bezahlt..." Ermahnungen helfen nichts, nach 2-3 h sind die Touris wieder weg und kommen in der Regel auch nie wieder hierhin. Die Tour kostet gebucht in Falkland etwa 200 €/$ p.P incl. Lunchpaket. Auf dem Schiff nehmen sie manchmal das Doppelte!  © Achim Kostrzewa

Wardens House: Das sind zwei Doppelzimmer unter der Dachschräge mit Gemeinschaftsbad, einer kleinen Wohn- und Esslounge  in einem winzigen Wohnhaus.  Die beiden, der Warden und seine Frau, machen auch sechs Monate im Jahr die Küche für ihre Hausgäste und die Führungen für Kreuzfahrtschiffe, die alle paar Tage in der Hochsaison mit 20 und mehr Landrovern hier einfallen. Die Hausgäste bekommen eine Einweisung und können sich überall frei bewegen, auch da, wo die vielen Tagestouristen unbewacht nicht hindürfen! Nur dann nicht, wenn die Kreuzfahrtleute da sind, was klar ist, um kein schlechtes Beispiel zu geben. Die Kreuzfahrtleute kommen aber während der ungünstigsten Tageszeit: von späten Vormittag bis zum frühen Nachmittag für 2-3 Stunden...

Überblick: die Kolonie der Königspinguine auf Volunteer. Links ist der Strand nicht mehr im Bild. Rechts die Lagune, auch nicht mehr im Bild, aber von hier aus auch nicht zu sehen, weil sie hinter der Bodenwelle tiefer liegt. Die weißen Steine dienen der Abgrenzung für die Touristen, immerhin für die Fotografen besser als ein Seil. Wir blicken auf 700-1.000 Pinguinpaare plus vielleicht 100 Junge, die meisten brüten noch. Die Partner sind zum Fischen für mehrere Tage unterwegs. Fotografisch ist das Bild nicht so toll, aber informativ        Fuji X-E2, 2/18mm, HF-Pano © Achim Kostrzewa  Zur vollständigen Darstellung des Fotos nach rechts scrollen!

Die Königspinguin Kolonie umfaßt mittlerweile (2010) mehr als 700 Paare. Aktuell können es schon 1.000 BP sein, vor 20 Jahren waren es nur 300 (Pistorius et al. 2012). Nikon FX, 4/70-200@ 70mm, Stativ  © Achim Kostrzewa

Und so sah es am 25.2.2003 hier aus: Die Königspinguine standen noch im flachen, Gras bewachsenen Teil des Geländes, näher an der Lagune. Die Jungen sind schon teilweise im "Kindergarten." Einen Monat älter, als beim aktuellen Besuch.  Nikon F801s, AF 2,8/80-200 @ 80mm, Fujichrome 100, Scan vom Dia   © Renate Kostrzewa (an Bord der MS Bremen)

Die Landschaft wird stellenweise mit Absperrungsseilen verschandelt, aber es dient einem guten Zweck, dem Schutz der vielen Magellanpinguinbauten, die immer ein wenig einsturzgefährdet sind, vor allem, wenn ein dicker Touri auf die dünne Decke der Baue tritt und womöglich einbricht. Der kundige Fachmann sieht natürlich, wo er langlatschen kann und wo nicht.

Neben den Königspinguinen gibt es eine Kolonie von Eselspinguinen, die den gleichen Strand nutzen. So hat man alle drei Arten zwischen der Unterkunft und dem Strandende, da gibt es auf gut zwei Kilometern für drei Tage genug  zu sehen. Man kann am Strand lang laufen und die aus dem Meer zurückkehrenden Pinguine beobachten. Oder schon um 4:00 aufstehen, um den Sonnenaufgang zu sehen. Nach dem Dinner noch rausgehen lohnt auch, denn die Sonne ging erst nach 21:00 unter.

Volunteer Points' Eselspinguine (Pygoscelis papua) mit einer Skua darüber am Abend gegen 21:00. Nikon FX, 4/70-200 VR, Stativ  © Achim Kostrzewa

 

Königspinguine

Die Königspinguine haben offensichtlich gute Bedingungen hier auf Falkland. Sonst hätten sich ihre Zahlen nicht innerhalb der letzten 20 Jahre mehr als verdoppelt bis aktuell wahrscheinlich verdreifacht. So berichtete jedenfalls der Naturschutzwart. Da der mittlere Zuwachs in der Vergangenheit bei 10% pro Jahr lag, ist das nicht unwahrscheinlich.

Ein wenig rumstehen und quatschen muß nach dem anstrengenden Fischfang schon drin sein. Die Nahrungszüge der Falkland Köpis gehen bis zu 300km weit zur Schlefkante.  Nikon FX, 4/70-200 VR, freihand   © Achim Kostrzewa

In den Jahren 2001-2 wurde die Brutbiologie der Volunteer Kolonie genauer untersucht (vgl. Helen Otley et al. in EMU 107, 2006). Klemens Pütz (in: Condor 104, 2002;  Pütz & Cherel 2005 in: Marine Biology 147: 281–290 und Pistorius et al. 2012 in: Antarctic Science 24,  435 - 440) und Kollegen beschreiben die Populationsentwicklung, Nahrungszüge und Tauchtiefen dieser Pinguine, die zur Brutzeit etwa 300km weit gehen, bis an den nahrungsreichen Rand des Schelfs. Im übrigen Jahr aber mit bis zu 1.000km Richtung Elephant Island (nördlichste Insel des Südshetland Archipels) deutlich weiter Richtung Süden/Antarktis. Der positive Populationstrend, den die Könige auf Falkland haben, ist ja leider nicht überall nachzuweisen (Eine Übersicht über die gesamte, aktuelle Königspinguin Verbreitung und Biologie bietet: Königspinguine bald Opfer der globalen Erwärmung? Achim Kostrzewa 2011, in Naturwissenschaftliche Rundschau 64:564-570).

 

Brutbiologie

Dieser Elter spricht schon mit seinem Kleinen im Ei. Man sieht den Rand eines kleinen Lochs am oberen Ei. Der größte Teil ist von der Bauchfalte verdeckt. Ein besseres Foto habe ich leider nicht bekommen. Die anderen Eier bei denen ich das beobachten konnte, waren auf Fernglasentfernung. Hier war ich mit meiner Technik am Ende: Nikon DX, AF-S 4/300 mit TC 14eII = 630mm eff.  © Achim Kostrzewa

 

Doch vorher muß man sein Weibchen erst noch becircen und das kann dauern...    Nikon FX, AF-S 4/300mm    © Achim Kostrzewa

Diese beiden sind wohl schon ein eingespieltes Paar...      Nikon FX, AF-S 4/300mm    © Achim Kostrzewa

Die Königspinguine sind natürlich mein wichtigstes Ziel. Ich habe großes Glück: es gibt bereits kleine Küken aber auch einige Eier, die gerade an meinem Beobachtungsplatz schlüpfen! Das dauert eine ganze Zeit. Zunächst spricht das Elternteil, was gerade Brutdienst hat mit dem Kleinen. Man hört ein ganz besonderes Zwitschern. Schon durch die Eischale wird kommuniziert. Dann bricht das Kleine mit seinem Eizahn auf dem Oberschnabel ein etwa ein Zentimeter großes Loch in die Schale, zum Atmen. Dann ist erstmal stundenlang Ruhe.

 

Kaum halb aus dem Ei geschlüpft, geht die Bettelei los.    Nikon DX, AF-S 4/300 mit TC 14eII = 630mm eff.  © Achim Kostrzewa

Fütterung! Immer, wenn das Junge bettelt, wird es auch gleich gefüttert, solange bis Kropf und Magen des Alten leer sind. In diesem Stadium ermüden die Küken ziemlich schnell nach der Fütterung.    Nikon DX, AF-S 4/300 mit TC 14eII = 630mm eff. © Achim Kostrzewa

Hier ein Küken gleichen Alters aus einem anderen Blickwinkel. Auch hier sieht man halbverdauten Nahrungsbrei am Schnabel hängen.  Nikon DX, AF-S 4/300 mit TC 14eII = 630mm eff.   © Achim Kostrzewa

Das erste Loch zu machen scheint ziemlich anstrengend zu sein. Dann dreht das Küken sich im Ei um 360° und ritzt dabei die Schale rundum. Damit der Eizahn auch genügend Druck für diese anstrengende Tätigkeit ausübt, gibt es im Nacken der Vogelküken einen speziellen Muskel dafür.  Dann wird die spitze Kalotte des Eis im oberen Drittel weggehebelt. Das ist der eigentliche Schlupf. Köpfchen und Brust sind jetzt frei. Das Hinterteil des Kükens bleibt zunächst im Ei. Das kann bis zum nächsten Tag so bleiben. Das Küken trocknet und wird auch schon etwas mit "Pinguinmilch" aus dem Magen der Alten gefüttert. Störende Schalenteile der abgesprengten Eihälfte entfernt der Elter vorsichtig. Den rückwärtigen Teil der Schale, in dem der "Po" des Kleinen noch steckt, rührt er jedoch nicht an. Ich habe den Schlupf von drei Küken genau beobachten können. Jeweils blieb das Küken mit dem Hinterteil im Ei sitzen, bzw. liegen und ruhte auch weiter auf den Füßen des Elterntieres, bis es (am nächsten Tag?) aufstehen kann. Dann erst wird die bereits zerbrochene Schale vorsichtig entfernt.

Jetzt ist das Küken komplett von seiner Schale befreit. Die dunkle Haut ist noch weitgehend nackt und unbefiedert. Wildes Putzen ist die Folge, das Kleine scheint das nicht zu mögen und protestiert.   © Achim Kostrzewa

Küken, die stehen können, gab es eine ganze Menge zu sehen. Da ich aber nur drei Tage beobachten konnte und die Schlüpfenden erst ab dem 2. Tag, kann ich nicht sagen wie lange der Prozess des Schlupfes genau dauert. Bei trockenem Wetter standen die Kleinen jeweils auf der Wind abgewandten Seite und wurden ausgiebig geputzt und gefüttert. Die frisch Geschlüpften wirkten auf mich noch etwas "reptilienhaft", wahrscheinlich wegen der schwarzen Haut und der winzigen Federn, die eher wie Schuppen wirken. Sobald der Flaum des Neoptilgefieders sie aber bedeckt, sehen sie wie "richtige Vogeljunge" aus. Die Eltern putzen das Küken dauernd, sobald es nur den Kopf aus dem Elterngefieder vorstreckt. Wenn es steht, wird es auch gefüttert und wieder geputzt. Eine vogeltypische "satt & sauber" Strategie, die auch eine starke Bindung durch den Dauerkontakt zwischen Eltern und Kind erzeugt. Eltern und Küken erkennen sich an der Stimme. Das beginnt schon vor dem Schlupf (s.o.) und setzt sich besonders im Kindergarten fort. Wenn das Küken erstmal im Kindergarten weilt, können beide Eltern ausgedehnte Nahrungszüge unternehmen und so die Fütterfrequenz verdoppeln. Das Wachstum braucht viel Energie und geht in dieser Phase recht schnell.

Dieses Küken hat schon sein komplettes erstes Neoptilgefieder und sieht damit wie ein richtiges Vogeljunges aus. Der Kasten stammt aus meinem Artikel in NR 2011.    © Achim Kostrzewa

Einzelne, braune Küken, die wir jetzt noch in der Kolonie angetroffen haben, gehören also den letztjährigen (Jan.-Feb. 2015) Spätbrütern an. Einzelne fast voll vermauserte Junge, die schon ins Meer gehen können, dagegen den Frühbrütern aus dem Nov.-Dez. 2014.

Braunes Küken gehört zu den letztjährigen (Jan.-Feb. 2015) Spätbrütern.  © Achim Kostrzewa

Fast voll vermausertes Junge, geht schon mit den Erwachsenen ins Meer, und gehört damit zu den Frühbrütern aus dem Nov.-Dez. 2014.  © Achim Kostrzewa

 

Fazit: Wohnen und Essen unterdurchschnittlich. Königspinguine aller erste Sahne. Verglichen mit den mehr subantarktischen Kolonien,  geht es fotografisch besser nur auf Südgeorgien (A), aber die Koloniebesuche sind dort fast immer nur halbtags. Wirklich grandios auf Südgeorgien (B) ist die gewaltige, landschaftliche Szenerie von St. Andrews Bay (C), Salisbury Plain oder Gold Harbour. Die Fotozeit bezogen auf den Preis und die Leistung ist in Falkland unschlagbar günstig, wenn man es mit Antarktisbesuchen vergleicht.

 

Kostrzewa, A. (2011): Königspinguine bald Opfer der globalen Erwärmung? Naturwiss. Rundschau 64: 564-570. (Der Artikel kann bei mir per Email kostenfrei bestellt werden)

Pistorius, P.A. et al. (2012): Population development and historical occurrence of king penguins at the Falkland Islands. Antarctic Science 24,  435 - 440

 

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Text und Fotos © Achim Kostrzewa (20. April 2016)