Landschaften - Real Raw oder Photoshop?

Ken Rockwell bezeichnet die analoge Photographie auf Film gerne etwas ironisch als "real raw", recht hat er! Was man momentan so an Tricksereien geboten bekommt, ist schon beschämend. Die Frage ist, ist es auch nötig? Oder verdeckt es nur das Unvermögen so mancher gute Bilder zu machen, ohne zum Betrug greifen zu müssen.

Meine Definition von dokumentarisch geprägter Landschaftsfotographie folgt in etwa diesen Leitlinien:

- man darf keinerlei Bildelemente löschen, verschieben oder sonst wie verändern

- man darf auch keine Bildteile verzerren, d.h. in den Proportionen verändern, wie z. B. Berge höher machen o.ä.

- wenn man an dem Aufnahmepunkt steht, an dem das Bild auf den Film/Chip gebannt wurde, muß die Szenerie auf dem Foto mit der Wirklichkeit übereinstimmen!

Was ist nun mit der Farbe?

- da orientiere ich mich am meiner analogen Sehweise, ich entwickele die Bilder aus dem RAW so, wie sie meiner Erfahrung nach auf einem Fujichrome Velvia 50 erscheinen würden, also warm und farbig

 

So wie hier: Stitch aus zwei Mittelformatdias. Aufgenommen mit Mamyia 645 Super und Sekor 4/50mm Shift. Stativ bei f/11 oder 16. Maximaler Shift rechts/links,  die beiden Velvia-Teilbilder wurden digital kopiert und dann mit der im Bild angegebenen Panorama-Software (Testversion) zusammengesetzt. Location: Mesa Arch, Canyonlands NP bei Sonnenaufgang.

 

- aber ohne die Übertreibungen, die man in letzter Zeit bei Digitalfotos so oft sieht

- in Landschaften wie Colorado/Utah geht auch durchaus ein Warmtonfilter, der die rötlichen Sandsteine richtig betont, wenn man optisch eher kühl abgestimmte Chips/Objektive wie bei Leica oder Nikon benutzt

- ND Verlaufsfilter gehen immer, braucht man auch oft, um den Dynamikumfang des Motivs zu dämpfen

-  digitales HDR geht für mich nur, wenn man den Dynamikumfang erweitern muß, denn unser Auge kann da wesentlich mehr als die 6 (Diafilm) oder 10 Blendenstufen (Negativfilm oder Digitalchip). Aber auch hier gilt, nicht übertreiben, gut ist es nur, wenn man es nicht/kaum sieht!

 

Horseshoe Bend, Arizona. Mamiya 645 mit Arsat 3,5/30mm Fisheye, Stativ bei f/16 auf Velvia. Dieses Objektiv aus Kiew bildet die Farbe etwas in Richtung Grünstich ab. Hier wurde das Bild so gefiltert, dass es der farblichen Darstellung des Mamiya Weitwinkels 3,5/35mm N gleicht. Manche Puristen lehnen auch die Benutzung eines Fisheye in der Landschaftsphotographie ab. Hier ist m.E. eine der wenigen Plätze, wo das Fisheye die Landschaftsform unterstützt oder betont, ohne nach übertriebenen Effekthascherei auszusehen.

 

Unter dem Strich ist meine Digitalphotographie eine Kopie der analogen Welt. Die schöne neue Welt der grenzenlos einsetzbaren Ebenen, der quasi grenzenlosen Manipulation die PS ermöglicht, ist nicht die meine. Das, was das folgende Beispiel von Peter Eastway aus der Stirling Range in Südwest Australien zeigt, ist nicht meine Welt. Aber ich muß auch nicht von Photographie leben und kann mir daher den Purismus erlauben.

Hier wieder mal ein abschreckendes Beispiel von "Luminous Landscapes" oder wie man aus Mist Geld macht. Wenigstens macht der Bildautor Peter Eastway hier keinen Hehl aus seiner Malerei mit Licht, bzw. er mahlt ja  nicht mit Licht sondern mit Schatten seine vielfältigen Masken, die dann aus dem uninteressanten Bild einen Lichteffekt herausholen, der so in der Natur gar nicht drin war. Ich kann mich aber auch des Eindrucks nicht erwehren, das hier auf dieser Seite Propagandisten für Adobe PS CS6 und Lightroom 4 unterwegs sind:

http://www.luminous-landscape.com/1photo-pages/the_making_of_the_stirling_ranges.shtml

Ich stimme Peter Eastway ausdrücklich zu, wenn er sagt, Australische Landschaften seien schwer zu fotografieren. Aber es geht halt auch ohne Trickserei. Man muß nur warten können:

Mein Favorit aus der Stirling Range, aufgenommen abends nach Sonnenuntergang in WA Sept. 2010. D700 mit AF 28-85 @ 80mm, Stativ etc.

Mein Fazit: könnte ich  das lernen meine Bilder so zu manipulieren wie Eastway oder Briot das tun, sicherlich, das ist keine Hexerei sondern nur viel Bildschirmarbeit.

Will ich das? NEIN, so wird Photographie unglaubwürdig wie ein Bankberater. Es könnte sogar sein, dass sich ein solcher digitaler Manipulationshyphe Richtung "Landschaftskunst" schnell totläuft und die analoge Photographie auf Film im Mittel- und Großformat wieder zurückkommt und "Real Raw" als wirkliche handwerkliche Photokunst ("Fine Art" im Sinne von Ansel Adams) alles Digitale  schlußendlich überlebt. Ich jedenfalls behalte meine kleine Mamyia und habe auch noch einen guten Vorrat an Fujichrome Velvia Diafilm im Tiefkühlschrank. Scannen kann man seine Filme dann immer noch...

Hierzu noch ein Nachtrag: Seit einiger Zeit versuchen sich Verlage und Anbieter von Fotos bei den Bildermachern rückzuversichern gegen die Bildmanipulationen. Habe beispielsweise im Jahr 2009 von meinem Verlag, mit dem ich seit 1994 Bildbände mache - dem CJ Bucher Verlag in München - zum ersten Mal einen Fotovertrag bekommen, in dem ich mit meiner Unterschrift bestätigen mußte, das meine Fotos nicht manipuliert seien. Dies konnte ich guten Gewissens unterschreiben. Auf meine Nachfrage im Lektorat verriet man mir kleinlaut, ja man sei einem Fotografen mit "viel Photoshop Können" aufgesessen...

In diesem Zusammenhang muß man auch darauf hinweisen, dass unsere europäischen nationalen/internationalen Fotowettbewerbe solche Manipulationen bislang kategorisch verbieten und Verstöße auch noch nachträglich ahnden.

Also es ist nicht nur das Recht am eigenen Bild gefragt, sondern auch noch an dessen Authentizität :-D, glücklicherweise! Und was die Yellow Press so alles druckt, juckt mich nicht.

Text und Fotos © Achim Kostrzewa, 14.6.2012 und 20.6.12

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