Landschaftsbilder - die schöne neue Kunst-Welt des Alain Briot

Beim Lesen über Landschaftsfotografie komme ich auch immer mal auf die amerikanische Seite "Luminous Landscapes." Immer mal um zu sehen, was die Fotografen auf der anderen Seite des großen Teiches so machen. Dort sind und waren ja einige für mich wirklich große Vorbilder unterwegs. Beginnend mit Ansel Adams grandioser SW "Fine Art" Photographie. Adams verstand unter "Fine Art" das höchstmögliche Maß an Handwerkskunst sowohl bei der Aufnahme, als auch später im Photolabor. Nachzulesen in seinen drei großen Standartwerken der SW Photographie "Die Kamera - Das Negativ - Das Positiv."

Wenn man das verinnerlicht hatte und seine "Zonensystem" für die richtige Belichtung auch teilweise auf die Diaphotographie umsetzen konnte, war man zumindest ein guter Handwerker seines Fachs, sprich man kannte seine Kamera und Objektive als Werkzeug und auch vor allem dessen physikalisch-optische Grenzen und auch die Möglichkeiten und Unmöglichkeiten gewisse Lichtverhältnisse im Grenzbereich noch oder nicht mehr in Photos umsetzen zu können. D.h. wenn man dies alles beherzigte, konnte man in gewissen Situationen die Kamera einfach weglegen und sagen: hier und unter diesen Lichtbedingungen gibt es keine guten Bilder, also lasse ich es gleich und spare den Film und die Arbeit. Dafür habe ich insgesamt ca. 15 Lehrjahre gebraucht. Fünf ohne Adams Bücher, aber schon mit Harald Mante (Prof. an der FH Dortmund) oder natürlich Andreas Feiningers Lehrbüchern. Weitere 10 Jahre dauerte es um autodidaktisch ein technisch perfekter Diafotograf zu werden, der auf einer Fotoreise 100 Filme belichten konnte und schon bevor er sie hat entwickeln lassen ungefähr wußte, ob und das die Ergebnisse vorzeigbar waren. In prä-digital Zeiten war man dann schon handwerklich ganz gut.

Heute ist das alles viel einfacher geworden und die jungen Fotografen die gleich digital angefangen haben, scheren sich kaum um Technik und kommen auch zu Ergebnissen. Soviel zur Vorgeschichte.

Da wurde im Mai ein Artikel veröffentlicht von einem mir bis dato unbekannten Herrn Alain Briot mit dem Titel Creating Meaningful Photographs .  Ich lese den ganzen Text und denke nun haut es mich vom Hocker! Auf der Page Luminous Landscapes kann nun nicht jeder irgendeinen Thread einstellen, es gibt so eine Art Redaktion und es sind meist Leute, die was zu sagen haben und hier schreiben dürfen...

Besagter Autor ist Franzose, ein in Paris studierter bildender Künstler mit Ausbildung in Malerei etc. aber keine Fotograf - so seine Vita auf der eigenen Homepage - lebt seit vielen Jahren in den USA, hat eine eigene Fotogalerie und lebt nach eigener Aussage sehr gut von seiner Fotokunst.

Was macht er nun, das ich mich so echauviere? In der Quintessenz schreibt er:

In order to create expressive photographs (as opposed to documentary photographs) you have to bring at least as much to the subject as the subject brings to you.  In effect, you usually have to bring more to the subject than the subject brings to you. This means transforming the subject from what it looks like to everyone into what it looks like to you specifically. 

Oder um längere Absätze hier nicht alle zitieren zu müssen, fasse ich das mal so zusammen: wenn das Motiv nicht aus sich selbst interessant genug ist, dann mache es emotional und interessant!  Und wie macht er das? So:

adding the following 'Alain Briot moves:'

                             - Stretching and warping of significant features in the image such as mountain ranges

                             - Radical modification of the color palette present in the image captured by the camera

                             - Removal of significant elements of the photograph such as rivers, trees, rocks, etc.

                             - Moving significant elements of the image from one area of the photo to a different area

                             - Duplication of significant elements

                             - Combining elements from several photograph into a single image

                             - Stitching photographs together for compositional purposes (not to increase resolution)

Das heißt im Klartext mit dem Hinweis auf die "Künstlerische Freiheit" (Definition und Beispiele hier: Artistic License) nimmt er die Sujets auseinander und setzt sie neu zusammen, bis sie seinen Vorstellungen vom gewünschten Bild gleichkommen...

Bilder dazu in beiden Artikeln und auf seiner HP. Unter Beachtung seinen Copyrights möchte ich hier nichts von seinen Bildern zeigen, sondern nur textliche Hinweise geben.

Als beispielhafte Bildunterschrift des "Berges Watchman" aus dem Zion Park schreibt er:

This photograph is a collage of three horizontal images taken with a super wide angle lens.  I could not have created this image with a single capture.  After stitching, I distorted the image to enlarge the foreground rock and also to increase the height of the Watchman, the mountain peak at the center top of the image, and make it more dominant and impressive.  I often say that if the National Park Service wanted to use my images in their brochures or displays they would first have to agree that my images would not show what people can see by themselves in the park.

Das ganze besteht also aus einer Kollage von drei Fotos, deren VG vergrößert wurde und auch die Bergkette wurde bearbeitet. Der Berg wurde höher gemacht als er ist usw. Dann schreibt er, er warne den NPS immer seine Bilder in die Broschuren zu drucken..., weil, das was man dort sehe, entspreche nicht dem Bild in der Natur!

Und damit kommen wir zu Kern meiner Kritik an dieser "KÜNSTLERISCHEN" Arbeitsweise - es sieht für den Laien wie richtige Photographie aus und nicht wie eine verzerrte Photoshop-Kollage der Wirklichkeit. Was Alain Briot macht, ist unter dem Kunstbegriff ja völlig okay, ABER ES IST KEINE PHOTOGRAPHIE im eigentlichen Sinne. Es ist für mich mehr Malerei mit digitalfotografischen Mitteln.

So tauchen Monat für Monat immer neue spektakuläre Landschaften auf seiner HP auf, die man sich über seine Galerie bestellen und an die Wald hängen kann. Hier wird das übrigens durchaus und ständig als "Fine Art Photography" bezeichnet.

Mir fällt dazu der Spieler in Lessings' Minna von Barnhelm ein, der seine Kartenbetrügereien charmant als "corrigé la fortune" umschrieben haben will. Monsieur Briot  betreibt da "corrigé le sujet et la lumiere"...

Mein Standpunkt dazu ist glasklar ...      (© Achim Kostrzewa 7.6.2012) 

 

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