25 Jahre Faszination Antarktis
Westseite der Antarktischen Halbinsel: Blick von Petermann Island über den Penola Kanal aufs Antarktische Festland mit dem charakteristischen Mount Scott (880m). Zusammengesetztes Panorama aus Fotos von © R.Kostrzewa, (LUMIX DZ 20, WW, Nov. 2005), Bearbeitung A.Kostrzewa 4/2020
"Reisen ist ein guter Weg Geld auszugeben und trotzdem reicher zu werden..."
Wenn man seinen Freunden vor 25 Jahren erzählt hat, man fährt in die Antarktis, stieß man oft auf Unverständnis. Was willst Du denn am Südpol? Dort ist doch nichts, nur Kälte und Eis ! Und Südgeorgien, da gibt es Pinguine? Liegt das nicht am Kaukasus?
Heute weiß jeder Weitgereiste was es mit der Antarktis auf sich hat und auch das Südgeorgien nicht am Kaukasus liegt, sondern die „Serengeti“ des Südpolarmeeres darstellt. So kann sich die Perspektive ändern! Zahlreiche Reise- und Fernsehberichte und -reportagen haben diese Informationen weiter getragen.
Kurs: 1.000km nach Süden
Antarktika vereinigt alle Superlative auf sich. Es ist der lebensfeindlichste, mit durchschnittlich minus 56 Grad Celsius der kälteste, der windigste, mit weniger als 20 Millimetern Niederschlag im Jahr der trockenste und mit durchschnittlich 2250 Metern der höchste, entlegenste und menschenleerste Kontinent der Erde.
Die Antarktis reicht laut Antarktisvertrag kartografisch bis zum 60. Breitengrad oder ozeanografisch bis zur Antarktischen Konvergenz. In dieser Konvergenzzone zwischen dem 50. und 60. Breitengrad sinkt das kalte, salzhaltigere, antarktische unter das wärmere, subantarktische Wasser ab. Obwohl der Temperatursprung im Wasser meist nur zwei Grad Celsius beträgt, ist die Antarktische Konvergenz eine wichtige ökologische Schranke für die antarktischen Meerestiere. Das kalte, sauerstoffreiche Südpolarmeer, ein Ringozean, ernährt im Sommer ein einzigartiges Tierparadies. Der Kontinent Antarktika, eine Kältewüste, bedeckt mit ewigem Eis, liegt bis auf die Spitze der Antarktischen Halbinsel innerhalb des südlichen Polarkreises. Selbst im Sommer bleiben 98 Prozent der Landesfläche schneebedeckt. Lediglich zwei Prozent werden in dieser Jahreszeit eisfrei: die höchsten Bergspitzen, die Nunatakker, einige Trockentäler und hauptsächlich die Küstenstreifen. Nur auf den eisfreien Stränden bauen die Besenschwanzpinguine ihre kleinen Steinnester. Einzig der Kaiserpinguin zieht sein Küken auf dem Eis groß. Da die Antarktische Halbinsel als Sporn bis 63 Grad südlicher Breite am weitesten nach Norden herausragt, weist sie eine geringere Eisbedeckung auf und ist klimatisch begünstigt. Während im Landesinneren die Eiskappe 3.000 bis maximal 4.700 Meter mächtig ist, beträgt sie auf der Antarktischen Halbinsel lediglich wenige Dutzend bis zu 500 Metern.
Auch ist es hier mit null bis maximal fünf Grad Celsius im Hochsommermonat Januar längst nicht so kalt, wie viele vermuten. Dieses günstige Klima hat zur Folge, dass sich vor der Antarktischen Halbinsel der reichste Tierbestand des ganzen Kontinents findet. Die meisten Reisen führen daher zu Recht in diese interessante Region. Mittlerweile sind hier von November bis Anfang März bis zu 40 meist eisgängige oder mindestens eisverstärkte Schiffe unterwegs und jedes Jahr werden es mehr. Vagabundierendes Treibeis blockiert im Sommer nur sporadisch den Fahrweg. Ab Mitte März werden die Tage kürzer, die Temperaturen fallen und die Herbststürme setzen ein. Das Meer beginnt zu frieren. Selbst um die Antarktische Halbinsel und die Südshetland-Inseln bildet sich dann ein mehr oder weniger geschlossener Meereisgürtel. Im September erreicht der winterliche Meereisgürtel rund um Antarktika eine Breite von bis zu 1.000 Kilometern. Nur wenige Tiere bleiben zurück, wie beispielsweise die Weddellrobben oder die Schneesturmvögel. Alle anderen begeben sich auf den Weg in wärmere Gefilde. Die Pinguine schwimmen nach der Brutzeit – ab Herbst – mit dem sich bildenden Meereis nach Norden. Die großen Wale wandern sogar bis in die subtropischen Gewässer, um zu überwintern und sich fortzupflanzen.
Was macht die Faszination dieses Reisezieles aus, das jeden Besucher in seinen Bann schlägt? Es sind die Lichtstimmungen, die Farben, die unendliche Stille und dann wieder das Brausen des Sturms, aber auch die Kakophonie der Pinguinkolonien mit Hunderten bis Hunderttausenden von Brutpaaren.
Von Feuerland durch die Wetterküche der Drake-Passage
Die meisten Kreuzfahrten in die Antarktis starten vom argentinischen Küstenort Ushuaia in Feuerland, einige von Punta Arenas (Chile) in Patagonien oder wenige auch von Port Stanley auf den Falklandinseln. Wir kommen aus dem winterlichen Europa in den Hochsommer der Südhalbkugel. Die Natur blüht in kräftigen Farben: dunkelblauer Rittersporn und Eisenhut, roter Klatschmohn, saftig grün die Südbuchenwälder im Feuerland Nationalpark. Selbst Kap Hoorn bezaubert mit einer Vegetationsdecke aus Gräsern, Moospolstern und Blütenpflanzen. Sobald wir das Kap hinter uns lassen, geht es in die Drake-Passage, in eines der stürmischsten Meere der Welt. Nur 1.000 Kilometer Luftlinie liegen zwischen Südamerika und der Antarktischen Halbinsel – die kürzeste Entfernung zwischen einem bewohnten Kontinent und der Antarktis. Australien oder Neuseeland liegen 2.200 Kilometer entfernt, Südafrika sogar 3.600 Kilometer. Wenn man großes Glück hat und die Drake-Passage ruhig ist, erreicht man bei 15 bis 16 Knoten Fahrt in etwa 36 Stunden das Ziel der Träume.
Häufig jedoch dauert es länger. Stürme mit elf Beaufort und mehr türmen dann 10 Meter hohe Wellen auf. Bleiern hängen die Wolken über dem tosenden Meer, Schaumkronen werden von den Wellenkämmen abgerissen, Wellen klatschen und donnern an die Bugwand. Die Gischt spritzt bis über die Brücke. Das Schiff stampft und rollt. Schlingert gar und kommt nur noch langsam voran. Die Außendecks sind geschlossen. Wer sich noch auf den Beinen halten kann, geht zur Lounge oder Brücke und genießt die Aussicht.
„Die Drake-Passage ist der Preis, den man für das Privileg Antarktis zahlen muß.“
Viele verbringen diesen Teil der Reise seekrank in der Koje.
Was noch aussteht: Eine Reise ganz in den Süden der Antarktischen Halbinsel zur Marguerite Bay, wo sich durch die Erwärmung der letzten 20 Jahre einige neue Adelié-Kolonien gebildet haben.