Vancouver Island: Riesenbäume und Wale

Text und Fotos © Achim Kostrzewa

Der "West-Coast-Trail" ist eine weltberühmte Wanderstrecke. Man quält sich entweder mit Rucksack und Zelt durch den Küstennebelwald oder man benutzt die Asphaltstraße, die einem wenigstens einen kleinen Teil davon erschließt: Von Victoria über Sooke nach Johnson River und bis zum Ende der Straße nach Port Renfrew erstreckt sich der Hwy 14. Die schönsten Campingplätze sind "French Beach", ein Provincial Park etwa 50 Höhenmeter oberhalb des Pazifik und 500 Meter vom Wasser entfernt. Die Bäume in diesem Teil des "Pacific Rim Rain Forest" sind bis über 100 Meter hoch und absolut gigantisch. Auch der Strand hat was, egal ob im typischen Augustnebel oder bei strahlendem Sonnenschein. In Johnson River kann man sogar mit dem Auto direkt bis ans Meer fahren und auch am Strand campen.

        

   

Fotos: Transcanada Highway, French Beach, Lagerfeuer am Strand bei Johnson River und der Küstennebelwald  © Achim Kostrzewa

Will man der Küste weiter nach Norden folgen, muß man erst wieder zurück nach Victoria über den berühmten Transcanada Hwy 1 und einen weiten Umweg über die Ostküste der Insel machen. Erst in Nanaimo zweigt die Straße wieder Richtung Westen ab (Hwy 4). Das Highlight auf dieser Strecke quer durch die Insel ist der "Cathedral Grove" im MacMillan Provincial Park. Hier wachsen die höchsten Bäume überhaupt: Douglasien und Redwoods, die meist 300, aber in Einzelfällen bis zu 800 Jahren alt sind und bisher von den Holzfällern verschont wurden. 1997 hat dann ein starker Sturm für einigen Windwurf gesorgt, aber das ist der Lauf der Natur, der im Klimaxstadium eines Waldes so Platz und Licht für die natürliche Verjüngung schafft.

 

Fotos: Im Cathedral Grove: links 800-jähriger Baumriese, rechts Windwurf schafft Platz  © Achim Kostrzewa

Am Ende der Straße stößt man auf das Informationszentrum des Pacific Rim National Parks. Hier bezahlt man sein Ticket (der Nationalpark ist gebührenpflichtig) und bekommt einen dicken Packen Prospekte der örtlichen Campsites und Walsafaris. Rechts geht’s nach Tofino und links nach Ucluelet. Dazwischen liegt der "Long Beach". Verschiedene neue Parkplatzanlagen zeigen, daß hier die Steuern und Gebühren verbaut werden, um dem immer größer werdenden Touristenstrom Herr zu werden. 

        

Fotos: Am Long Beach - im August herrscht fast jeden Tag Nebel, im Wald tröpfelt die Feuchtigkeit dann ständig von den Blättern, der 100-Meter Baumriese paßt nicht mal ins Superweitwinkel  © Achim Kostrzewa

Der Campingplatz des Nationalparks ist auch im September noch voll. Wir fahren erst einmal weiter nach Tofino, um das gelobte Walmuseum des Reiseführers in Augenschein zu nehmen: eine einzige Enttäuschung! Die Exponate erschöpfen sich in einem Haufen Walknochen und sonstiger schlecht präsentierter Artefakte im Verkaufsraum des sogenannten Museums, das in Wirklichkeit auch nur Walsafaris an den gutgläubigen Touri bringen will. Die anderen Anbieter handeln nach derselben Maxime, wenn wir Wale gesehen haben, brechen wir die Tour mit dem PS-starken Zodiac auch schon einmal nach 90 Minuten ab, obwohl man für 120-150 Minuten immerhin 75-85 Kanada-Dollar bezahlt. 

   

    

Fotos: Kurs auf die Broken Islands, zuerst finden wir Schwarzbären am Strand,  dann geht es weiter zu einer Kolonie Kalifornischer Seelöwen  © Renate & Achim Kostrzewa

Das ist nichts für uns. Wir beschließen gleich noch die Möglichkeiten in Ucluelet zu erkunden. Dort geht es noch etwas beschaulicher zu, aber auch hier gibt es überwiegend Zodiactouren. Wir finden bei "Subtital Tours" allerdings auch noch einen alten, gut hergerichteten Kutter der Küstenwache, die Dixie. Die offeriert vier Stunden für zwei Personen für 147,66 Dollar oder 101 Euro. Das Boot faßt nur 10 Personen und verspricht auch Schutz vor dem Wetter. Mittags sind wir Neun und wir legen bei Sonne und Wolken ab. Schon in der Hafenausfahrt sehen wir die ersten Schwarzbären, die sich von unserem Dieselgetuckere nicht stören lassen: sie drehen behände die Felsen in der Brandungszone um, um dort nach Krebsen und Muscheln zu suchen. Schwarzbärsafaris gab es in Tofino auch, aber das kostete wieder extra! Der Skipper fährt mit uns zu den "Broken Islands" raus, die zum Nationalpark zählen. Wie überall im Nationalpark dürfen wir uns den Walen mit Motorkraft nur bis auf 100 Meter nähern. Dann gilt "Maschine stopp" und treiben lassen. Wir liegen gemütlich auf dem Vordeck in der Sonne und machen Fotos von Grauwalen beim Atemholen. Das ist ziemlich unspektakulär, aber bei dem Sicherheitsabstand schaden die Dauerbesuche den Walen nicht. Innerhalb der Inselgruppe bläst noch einen Buckelwal vor sich hin. Heute also keine Sprünge oder das "Himmelspähen", was die Grauwale manchmal zeigen. Wir fahren weiter zu einer Kolonie Kalifornischer Seelöwen, die liegt zwar voll im Gegenlicht oder im Schatten, aber immerhin. Der Skipper zeigt für Fotografenwünsche wenig Verständnis. 

    

Fotos: Das gemütliche Küstenwachtboot Dixie (links) gewinnt klar gegen das schnelle Zodiac (rechts)   © Achim Kostrzewa

   

Fotos: die Grauwale sehen wir leider nur beim Atemholen: der Kopf ist mit Seepocken bewachsen (links), der Rücken verschwindet schnell wieder (rechts)  © Achim Kostrzewa

Die Zodiacgäste, werden in ihren Speedbooten derweil ganz schön naß. Nur der Skipper ist durch eine Glasscheibe geschützt. Die Floater, wasserdichte, schwimmfähige Overalls, die auch als Schwimmwesten wirken, sind die reinste Sauna bei dem schönen Wetter. Der Krach auf den 300 PS Booten ist infernalisch verglichen mit unserem langsamen Böotchen und die gleiche Tour braucht viermal soviel Sprit, weiß unser Skipper zu berichten. Die Touris müssen die meiste Zeit auf den Bänken sitzen bleiben und die Wale ? Denen geht der Lärm sicherlich schwer auf den Geist, denn wie soll man sich durch Gesang verständigen, wenn man ständig von Power-Booten zugedröhnt wird ?

Foto: Es gibt noch einsame Camps an wilden Seen wie hier am Kennedy Lake  © Achim Kostrzewa

Wir haben Walsafaris mittlerweile an vielen Plätzen zwischen Arktis und Antarktis gemacht. Das Meer um Vancouver Island ist zwar ein schönes Walhabitat, aber die Touristen werden hier eher abgezockt, als mit sanften Mitteln an die Wale herangeführt und über ihre Ökologie aufgeklärt. Hauptsache das Boot ist voll und der nächste Touribus wartet schon auf dem Parkplatz. Ein nachhaltiges Geschäft ist das sicherlich nicht. Eher einmal und nie wieder werden die meisten erfahrenen Reisegäste denken. Das kennen wir anderswo besser, z.B. in Ost-Kanada, aber nicht nur da (später dazu mehr).

Fazit: Vancouver Island bietet viel mehr als nur Walsafaris. Fahren Sie auch mal nach Victoria oder in den einsamen Norden der Insel. Ab der zweiten Septemberwoche wird es überall deutlich ruhiger.

    

Fotos: Totempfahl in Victoria, Parlament und Hafen dagegen wirken very british  © Achim Kostrzewa

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