In den Straßen von Barcelona...
Man besucht Freunde oder nimmt an einem Kongress teil, hin und wieder auch in einer interessanten Stadt. Mit etwas Zeit kann man ohne Stress eine bisschen Reportage mit der "Minimalausrüstung" (D300, AF-D 18-35, AIS 2,8/24 und DX 55-200 VR) machen...
Beim Durchstreifen der schattigen Straßen und Plätze viel mir vor allem auf: die meisten Leute hier sind irgendwie "connected." Plugs in den Ohren, starren sie aufs Smartphone und rennen trotzdem an allen Hindernissen gekonnt vorbei. Männer in guten Anzügen sitzen auf Parkbänken und zappeln als hätten sie ADHS. Checken Mails, telefonieren und starren wie festgeschweißt auf ihr Display. Multitasking fähige Frauen, schaukeln Kinder in den Schlaf, halten den Familienhund im Zaum und telefonieren gleichzeitig. Nur wenige nutzen ihr Smartphone eher kontemplativ zum Musikhören, die meisten scrollen hektisch durch irgendwelche Playlists.
Entspannt ist anders, wahrscheinlich bestellte er gerade Ritalin in der Apotheke © Achim Kostrzewa 2014 VR 55-200 @ 90mm, f/7,1
Frauen haben fast immer kleine, praktische Kameras... © Achim Kostrzewa 2014 VR 55-200 @ 135mm, f/8
Gays nehmen lieber Smartphones... © Achim Kostrzewa 2014 VR 55-200 @ 135mm, f/6,3
Selfies sind auch bei Heteros in (das sind die einzigen die in meiner "digital connected" Serie quasi lachen "Cheese!") ... © Achim Kostrzewa 2014 VR 55-200 @ 160mm, f/7,1
Alle anderen schauen ziemlich angespannt aus. "Connected" sind sie alle und sei es nur mit den Reiseleiter... © Achim Kostrzewa 2014 VR 55-200 @ 165mm, f/7,1
Nun kann ich diesen Hektikern nicht mit dem klassischen 35er auf die Pelle rücken. Ich bin mit APS-C unterwegs und habe daher fein brav mein 2,8/24mm dabei, damit komme ich nicht ungesehen nahe genug ran, um diese fast intimen Momente zwischen Mensch und seiner Netzschnittstelle festzuhalten. Nehme von daher das neu erworbene ultraleichte DX 55-200 VR zur Hand. Ein preiswertes und sehr kompaktes Kit-Objektiv, was aber weit weniger verzeichnet als die Superzooms DX 18-300 VR. DxO Mark Tests belegen eine sehr gute BQ bei 5,6/55 - 8/200. Also in einem engen aber wichtigen Bereich. Für die Portraits eignen sich Brennweiten zwischen 100 und 200mm am besten, da braucht man über LEICA gar nicht nachzudenken... Ich nehme also als Kompromiss f/7,1 bei 400 ASA, um bei der langen Brennweite noch etwas an Freistellung zu erreichen. Alle Fotos sind unbeschnitten und nicht ganz frei von den "No goes" der Streetphotography. (Siehe hier: http://blakeandrews.blogspot.de/2014/05/the-10-rules-of-street-photography.html). :-D
Die reale, analoge Seite des Stadtlebens
Dann finde ich auch "analoge" Gegenbeispiele: Barcelona ist ja auch eine Studentenstadt. Und es gibt wirklich noch Leute, die Bücher und Zeitungen aus Papier lesen, "unplugged" sozusagen. Zugegebenermaßen sind sie in der deutlichen Minderheit! Weitere nur voll analog durchzuführende Tätigkeiten wie sich schminken, genüßlich Eis essen, habe ich auch beobachten können. Die "analogen People" scheinen viel entspannter auszuschauen...
"Bücherwurm" © Achim Kostrzewa 2014 VR 55-200 @ 200mm, f/8
Make up Kontrolle © Achim Kostrzewa 2014 VR 55-200 @ 135mm, f/8
Lecker Eis lutschen... © Achim Kostrzewa 2014 VR 55-200 @ 200mm, f/6,3
Sogar die Aufmerksamkeit eines Streetfotografen scheine ich auf mich zu ziehen, aber bevor er sein manuelles Nikkor an der D700 scharf gestellt hat, habe ich ihn schon mit meinem AF "abgeschossen." Jahrelange Übung in der Tierfotografie macht sich da bemerkbar. Wenn Tiere "Verhalten" zeigen, auf das ich warte, muß man halt schnell sein...
"Abgeschossen" © Achim Kostrzewa 2014 VR 55-200 @ 160mm, f/8
Beim Warten erweisen sich die Gegenden um bekannte Sehenswürdigkeiten als sehr Erfolg versprechend, der Platz vor der Kathedrale in der Altstadt oder der Boulevard vor den Gaudihäusern. Hier kann man als Fotograf in der Menge abtauchen.
Zeitungsleser im Park. Foto © Achim Kostrzewa 2014 VR 55-200 @ 160mm, f/8
Beim Warten geht mir so einiges durch den Kopf, wie: was würde Henri Cartier-Bresson heute für eine Kamera benutzen? Eine Leica? Wohl kaum. Als er mit Leica fotografierte, waren die Kleinbild Leicas die Spitze der Fototechnik, klein, unauffällig und leise. Die Standartkamera der Pressefotografen war bis in die 1950er Jahre eine Großbild Graflex (4x5") oder zumindest eine Rolleiflex. Was wäre heute ein entsprechendes Pendant? Eine Olympus M4/3, eine LUMIX oder eine Fujifilm? Würde HCB noch auf Festbrennweiten setzen? ICH GLAUBE NEIN!
Die Alten, voll analog, die reden doch wirklich miteinander... © Achim Kostrzewa 2014 VR 55-200 @ 180mm, f/5,6
Henri würde eine APS-C oder M4/3 mit einem guten AF 18-55mm Zoom benutzen! All dies sichert nämlich eine höhere Trefferquote und damit mehr "Keeper" als eine manuelle Kamera; und sei es eine Leica Monochrom mit Noctilux. Oder glaubt irgendwer, daß ein HCB nur allein von seinem Ruf leben konnte? Fotografen leben nur von verkauften Bildern und wenn die BQ stimmt, fragt niemand in der Bildredaktion nach dem Werkzeug. Das tun nur Pixel Peeper!
Text und Fotos © Achim Kostrzewa (im Mai 2014)