Wir fahren
Wohnmobile seitdem wir nach kurzem Zeltintermezzo das Reisen mit Auto und Hotel
an den Nagel gehängt haben, also seit 23 Jahren. Die Freiheit, zu stehen, wo
man möchte, gibt es in Europa mittlerweile kaum noch, von wenigen Ausnahmen
z.B. in Nordschottland oder Lappland einmal abgesehen. Also drängte es uns seit
nunmehr 15 Jahren in die Ferne: Alaska, Kanada, Südwest-USA, Neuseeland und
Australien. Dort ist alles prima mit großen Wohnmobilvermietern erschlossen und
organisiert. Doch diesmal sollte es einmal etwas anderes sein. Das Pendant zu
nordischen Landschaften findet sich auch im südamerikanischen Patagonien.
Das Fitz Roy Massiv in der Abendsonne © Foto: Achim Kostrzewa
Südchile
und Feuerland kannten wir schon vom Schiff aus. Die abwechslungsreichen
Landschaften und freundlichen Menschen dort hatten uns begeistert. So
beschlossen wir, Patagonien in eigener Regie zu bereisen. Der einzige Vermieter
in Patagonien sitzt in der walisischen Gründung Trelew (Treleo ausgesprochen),
eine Dependance von GAIBU mit Hauptsitz in Buenos Aires. GAIBU bietet seine
Wohnmobile über das Internet an. Die Ansprechpartnerin unseres kleinen Reisebüros
zu Hause spricht perfekt spanisch, wir nicht. Das Internet-Angebot sieht
einigermaßen verlockend aus: ein neuer Fiat Ducato Scheibenbus zum Camper
umgebaut mit 3 Wege Kühlschrank, Gaskocher, Chemie-Toilette und 70 l
Wassertank, sogar mit Dusche und 30l Warmwassergerät; „Pampero“ nennt sich
dieser Typ. Der Wagen ist zusätzlich noch mit Klimaanlage ausgerüstet. Die
Miete mit Frühbucherrabatt und bei 30%iger Anzahlung im März (Reise erst Ende
Oktober) beträgt 51,- Euro pro Tag ohne Kilometer (plus 20 Eurocent pro
Kilometer, also 91,- Euro mit 200 Freikilometern), VIP-Versicherung (bei 850,-
Euro Selbstbehalt) inclusive, Zollpapieren für den Grenzübertritt nach Chile,
24-Stunden Roadservice und Komplettausstattung, was Wäsche und Küche betrifft.
Alles scheint in Ordnung, wir buchen und zahlen.
Schotterstraßen führen durch die Weiten der Pampas © Foto: Achim Kostrzewa
Ende Oktober
geht es erwartungsfroh los. Wir glauben gut auf alles vorbereitet zu sein, denn
wir haben uns bei zahlreichen Reisebekannten informiert und die Reiseliteratur
studiert. Müde fallen wir nach 34 Stunden Abfahrt von unserer Haustür am
Eifelrand in Trelew aus dem Flieger. Am nächsten Morgen soll unser Abenteuer
beginnen. Noch am Abend klingelt das Telefon in unserem Hotelzimmer: Das Auto muß
repariert werden, der Wassertank „ la bomba“ ist kaputt. Wir könnten erst
am nächsten Morgen um 12 Uhr statt um 8 Uhr unser Wohnmobil für die nächsten
drei Wochen übernehmen. Na gut, so was kennen wir schon. Das passiert bei den
Großen der Welt auch!
Wir
verbringen einen anregenden Morgen im wirklich sehenswerten Paläontologischen
Museum in Trelew. Mittags steht der Pampero dann tatsächlich einigermaßen
sauber vor unserem Hotel. Wenn das ein neuer Camper ist, dann hätten wir auch
unseren betagten VW LT 31 D mitbringen können. Doch die Papiere weisen die
Zulassung zum Dezember 2003 aus. Der Tacho zeigt 9.082 km. In Ermangelung eines
Büros – wir erfahren so nebenbei, dass die Station in Trelew nur über drei
Autos verfügt – erfolgen zu unserer Verwunderung die Einweisung und die
schriftlichen Formalien vor einem
Supermarkt. Wir wundern uns weiter: von Kühlschrank keine Spur. Stattdessen gibt
es eine
autostrombetriebene amerikanische IGLOO-Kühlbox . Ein richtiger
Stromfresser. Angeblich soll sie über Nacht an der zweiten Autobatterie
angeschlossen laufen können. Doch die Bedienungsanleitung zeigt uns später, daß
dies nur für zwei Stunden reicht. Frische Fleischvorräte können daher nicht für
ein paar Tage gekauft werden. Eigentlich wollten wir abseits von bewohnten Orten
in verschiedenen Pinguinkolonien jeweils ein paar Tage ausharren, fotografieren,
am Strand argentinische Steaks grillen, es uns richtig gutgehen lassen. Die Küche
besteht ferner aus nur einem einflammigen Gaskocher und einem Spülbecken,
welches das Wasser nicht hält. Dafür gibt es eine nicht ins Becken passende Spülschüssel.
In der Naßzelle thront ein amerikanisches Spül-WC auf seinem
Unterflur-Abwassertank, prima. Sonst
kann man die Puppenstube vergessen, aber das ist bei kleinen Wohnmobilen normal.
In vier dicken Lampen brennen trübe 12 Volt Autobirnen, denn die zweite
Autobatterie ist hin. 8-9 Volt zeigt mein Taschenvoltmeter. Klar, wenn man diese
Kühlbox an die zweite Autobatterie hängt, geht diese schnell in die Knie.
Überhaupt,
die zweite Autobatterie versteckt sich unter dem Fahrersitz. Um diese von der
Motorbatterie zu trennen, gibt es weder ein Trennrelais oder einen
Trennschalter, sondern man muß eine dicke Schraube rausdrehen, um die Kontakte
manuell zu trennen. Wir lernen, dies ist fortgeschrittene Technik a la Argentina.
Die Wichtigkeit der Trennung wird vom Vermieter eindringlich betont. Klar, sonst
zieht die Kühlbox beide Batterien leer. Meine Frau klebt daher einen großen
Zettel aufs Handschuhfach. „Trennschalter, Batterie/Kühlbox!!!“ steht da unübersehbar
drauf. Man will ja auf den schönen, einsamen Küstenstrecken keine Überraschung
erleben, dass der Wagen nicht mehr anspringt.
Ein Blick
auf den Motor zeigt: Das Auto scheint wirklich relativ neu zu sein, obwohl alle
Türen nicht einwandfrei schließen, sondern schon im Rahmen hängen und die Türgummis
im Fahrtwind ihr trauriges Lied pfeifen. Aber wir sind flexibel und planen
stante pede um. Eigentlich wollten wir auf dieser Reise an der Ostküste
bleiben, um vornehmlich Tiere zu beobachten. In einer zweiten längeren Reise
planten wir dann die Nationalparks der Anden zu erkunden. Da die Station in
Trelew aber nur über diesen einen „Pampero“ und zwei größere „Jumbos“
verfügt, die aber einen großen Überhang hinter der Achse aufweisen
und daher für die Gebirgsschotterstraßen von vorne herein als
ungeeignet erscheinen, konnten wir uns ausrechnen, dass wir den gleichen Wagen
mit weit mehr Kilometern ein Jahr später wieder erhalten würden. Unsere Ziele
sollten daher die Valdes-Halbinsel, Punta Tombo und Camarones mit ihren
Magellanpinguin-Kolonien, Puerto Deseado, die versteinerten Bäume von Ormachea
und Jaramillo, die andinen Parks Torres del Paine in Chile, das Weltkulturerbe
des Perito Moreno Gletscher und der Fitz Roy sein und dann wieder zurück nach
Trelew. Bei den langen Fahrtstrecken würden die Steaks in der Kühlbox doch
noch frisch bleiben.
Fluke eines Südlichen Glattwales in der Bucht von Puerto Piramides. © Foto: Achim Kostrzewa
Zunächst
machen wir uns auf zur Valdes-Halbinsel. Die Sonne strahlt, so wie wir. Ab
Puerto Piramides ist alles Schotter. Die felsige Küstenlandschaft ist
eindrucksvoll. Doch die Tourbusunternehmen haben einen immer größeren Einfluß
erhalten. Seit diesem Jahr (2004) darf man mit dem Camper außer auf den wenigen
offiziellen Parkplätzen nirgends mehr stehenbleiben und keinesfalls mehr übernachten.
An die See-Elefanten und Mähnenrobbe kommt man nur noch auf minimal 50 m, wenn
man sich einer offiziellen Tour anschließen kann, um bis auf die tiefer
gelegenen Aussichtsterrassen zu kommen. Abends muß man dann die 100 – 200 km
Schotterstrecke zurück zum einzigen Campingplatz nach Puerto Piramides. Abends
auf dem Campingplatz ist dann erst einmal entstauben angesagt. Von Alaska waren
wir Schotterstraßen gewöhnt. Aber hier hatten wir die Sahara eingefangen. Der
Klo scheint unter einem Sandhaufen zu liegen. Alle Möbel sind mit einer
Zentimeter dicken Sandschicht belegt. Schnell haben wir den Verursacher
ausgemacht. Die hintere Tür hat einen so breiten Schlitz, daß der Staub dort
ohne Probleme hineinweht. Der Wasserhahn dröppelt müde trotz röhrender Pumpe
und spuckt Wasser mit Sand im Gemisch 10:1 aus. Komisch, vorher war das Wasser
sauber gewesen. Nach einer Stunde wüsten Putzens können wir es uns in unserem
Schneckenhaus wieder bequem machen. Die Kühlbox bringt es erst einmal.
Wir trösten uns mit herrlich schmeckenden Steaks und kalten Drinks.
Am nächsten Tag entscheiden wir uns in Puerto Piramides für eine
Whale-watching-Tour mit einem kleinen Boot. Die Bucht Golfo Nuevo vor Puerto
Piramides ist die Wochenstube der Südkaper bzw. der Südlichen Glattwale. Im
Juli/August gebären die Mutter in diesen warmen Gewässern jeweils ein Junges,
um im Dezember nach Süden ins Südpolarmeer, in ihr Nahrungsgebiet, zu ziehen.
Wenn dort im März/April die Herbststürme einsetzen, kehren sie auf dem Rückweg
in wärmere Gefilde bis zu den Küsten der Valdez-Halbinsel zurück. Auf der gut
einstündigen Tour bekommen wir mehrere Muttertiere zu sehen. Die Glattwale sind
etwa 14m lang. Auffällig ist der eigentümliche Kopf mit hellen, hornigen
Hautwucherungen, die zusätzlich mit Seepocken besetzt sind. Das Baby schwimmt
oftmals auf dem Rücken der Mutter und schaut mit seinem Kopf aus dem Wasser
heraus. Ein Wal zeigt immer wieder seine imposante Fluke (Schwanzflosse), von
der ganze Wasserströme hinunter perlen. Wir sind restlos begeistert. Die Sonne
scheint, auf dem Campingplatz gibt es Wasser und Duschen, nur in der Kühlbox
herrscht dicke Luft, denn heute sind wir keinen Kilometer gefahren.
Bäuchlings liegt man zum Fotographieren auf den Planken des Weges. Niemand stört einen in Camarones und die Pinguine störts auch nicht. © Foto: Renate Kostrzewa
Am nächsten
Tag machen wir uns auf nach Camarones zum Cabo dos Bahias zu einer
Magellanpinguin-Kolonie. Dieses Gebiet ist noch ein Geheimtip. Die Tourbusse
fahren alle nach Punta Tombo, der größten Pinguinkolonie des Landes. Camarones
hat den Vorteil, daß wir erst einmal eine lange Asphaltstrecke fahren können.
In dem kleinen Fischerort, der berühmt für sein Lachsfest ist, bekommen wir im
einzigen „Tante Emma Laden“ am Hafen eine Kartusche Silikon mit Spritze, um
vor unserer nächsten Schotterfahrt das Auto etwas abzudichten. Denn von
Camarones geht eine 30 km Schotterstraße entlang einer herrlichen Küstenlandschaft
zu einer Pinguinkolonie, wo wir zwei Tage praktisch keiner Menschenseele
begegnen. Ein Holzsteg führt mitten durch die Kolonie. Neugierig beäugen uns
die Pinguine und knabbern auch einmal an unseren Schuhen. Ende Oktober haben
einige schon Eier, andere suchen noch einen Partner, wobei sie den Kopf in den
Nacken überstrecken und laut rufen. Graufüchse und Skuas schauen nach Freßbarem.
Nachmittags haben wir auch Glück und sehen das Pichi,
ein Gürteltier, das jeden Bau der Pinguine untersucht, ob es nicht ein Ei
stibitzen kann. Doch wird es von den aufmerksamen Pinguinen mit dem spitzen
Schnabel wieder verjagt. Relaxt und voll eindrucksvoller Erlebnisse machen wir
uns zwei Tage später zu unserem nächsten Ziel auf den Weg nach Puerto Deseado.
Kurze Teambesprechung: was machen wir mit dem Typ da auf unserem Plankenweg? Der beobachtet uns ! Foto: © Achim Kostrzewa
Eine Strecke
von über 600 km Asphalt liegt vor uns. Früh machen wir uns auf, denn allein für
die ersten 30 km Schotterstrecke braucht man eine gute Stunde. Nachmittags um 17
Uhr ist unsere Fahrt dann erst einmal abrupt und mit lautem Knall beendet.
Mitten in der Stadt Caleta Olivia fällt unserem Motor - praktischerweise direkt
vor einer großen Tankstelle - ein Zacken aus der Krone, bzw. der Kühlkompressor
so einfach unter die Ölwanne. Glückerweise waren wir vor einer Ampel gerade
einmal nur 20 km/h schnell. Der Kompressor bleibt an seinen Schläuchen hängend
unter dem Motor liegen. Der Keilriemen allerdings ist hin. Die Aufhängung der
Pumpe ist mitten durchgebrochen. Was tun?! An der Tanke ist glücklicherweise
eine Werkstatt angeschlossen. Die bauen alles aus und rufen den Vermieter an.
Zunächst läßt er sich verleumden, aber nach massivem Drängen kommt er doch
Minuten später ans Telefon, bespricht alles mit dem Meister und autorisiert die
Reparatur. Nach dem Ausbau fahre ich mit zum Schweißen in eine Schlosserei. Mit
drei ineinanderliegenden Nähten wird das Teil äußerlich perfekt repariert,
die Naht geflext und auch die Schraubenlöcher werden sauber nachgebohrt. Der
Wassertank bekommt ebenfalls eine neue Schlauchschelle. Aber von unten auf der Bühne
zeigt sich auch die ganze Malaise. Die beiden Wassertanks bestehen aus
Fieberglas und liegen völlig ungeschützt. Alle Schläuche bestehen entweder
aus steifem PVC oder billigem Gartenschlauch. Schlauchschellen sind eher selten.
Kabelverbinder, also Plastikstreifen, mit denen man Elektrokabel bündelt, erfüllen
diesen Zweck mehr schlecht als recht. So verfügen wir die meiste Zeit über
kein fließendes Wasser. Lästig, aber damit kann man sich noch arrangieren.
Nach drei
Stunden ist die Reparatur abgeschlossen. Arbeitszeit und Ersatzteil kosten
zusammen 90 Pesos, ca. 30,- Euro. Wir atmen durch und um 20 Uhr sind wir wieder
flott. Gott sei Dank waren wir nirgends in der „Pampa“ und mußten lange auf
Hilfe und dann auf einen Abschleppdienst warten. Wir hatten noch einmal Glück
im Unglück gehabt. Unser Ziel Puerto Deseado erreichen wir allerdings erst mit
einem Tag Verspätung.
So schön ist campen an Patagoniens Ostküste bei Puerto Deseado, der Campingplatz ist zwar noch geschlossen, aber wir haben jede Menge Platz für uns allein. Foto: © Achim Kostrzewa
Hier
unternehmen wir mit Darwin Expeditions (www.darwin-expeditions.com,
sehr empfehlenswert) eine tolle dreistündige Schlauchboottour durch die Ria.
Eine Delphinschule spielt neben dem Boot. Sie wechseln von einer zur anderen
Seite und bleiben uns eine zeitlang treu. An Felsklippen bekommen wir Bunt- und
Felsenscharben zu sehen. Auf einer Insel ruhen mächtige Mähnenrobben-Männchen
mit ihren Weibchen. Javier fährt das Schlauchboot so nah heran, daß uns schöne
Fotos gelingen. Auf einer flachen Insel mit Magellanpinguinen und Dominikanermöwen
wird eine Rast mit dem obligaten Mate Tee gemacht. Wir genießen die Natur und
das herrliche Wetter. Abends gab es noch einen tollen Sonnenuntergang.
Mähnenrobben vom Boot aus betrachtet, hier kommt man bis auf 10 Meter an die Tiere ran, viel besser als auf der Valdez Halbinsel. Foto: © Achim Kostrzewa
Die
versteinerten Bäume von Jaramillo wollen wir uns für den Rückweg aufheben.
Vor uns liegt die Durchquerung der patagonischen Schichtstufenlandschaft auf
einer allein über 200 km langen Schotterstraße.
Schließlich erreichen wir Calafate, eine rasch wachsende Stadt mit großer
Bautätigkeit am Lago Argentino, das Tor zum Perito Moreno. Bis auf die letzten
30 km ist jetzt alles asphaltiert. Schon vom Parkplatz beeindruckt der gewaltige
Gletscher. Mehrere Aussichtsterrassen lassen verschiedene Blickwinkel auf den
Gletscher zu. Umgeben von einer üppig grün belaubten Landschaft mit den roten
Farbklecksen des Feuerbusches erstrahlt das Blauweiß des Perito Moreno mit
seinen tiefen Spalten. In der imposanten Gletscherwand klirrt und knackt es.
Immer wieder brechen kleinere bis größere Eisstücke ab. Eine Eiszinne steht
schon so schief, daß wir uns fragen, wird sie abbrechen?!
Wir genießen die Aussicht, setzen uns auf eine der Bänke und entspannen
uns. Die Landschaft fasziniert und tatsächlich, plötzlich hören wir lautes
Krachen und im Zeitlupentempo fällt ganz allmählich der Eisturm ins Wasser und
erzeugt eine kleine Flutwelle.
Endlich liegt der Perito Moreno Gletscher vor uns. Foto: © Achim Kostrzewa
Am nächsten
Tag ist es mit der Urlaubsstimmung wieder vorbei. Plötzlich bricht nach 1.000
km die Halterung der Kompressorpumpe erneut. 12
km schlechte Schotterstraße liegen noch vor uns und dann noch etwa 50 km
bis Calafate. Wir halten ein paar Autos an. Doch keiner kann uns mit Werkzeug
aushelfen. In einem Mietwagen hat man erst recht kein Werkzeug. Da fällt mir in
der Not unsere Wäscheleine ein. Langsamst über die vielen Schlaglöcher
humpelnd mit der Pumpe an der Wäscheleine hängend, erreichen wir nach ermüdenden
6 Stunden die Werkstatt in Calafate. Nach Autorisierung durch den Vermieter wird
die Pumpe nun endgültig ausgebaut. Sie ist so schwer, daß die Aufhängung
einfach zu schwach ist. Im Frühjahr ist eine Klimaanlage sowieso noch nicht
erforderlich. Der Wassertank wird ein zweites Mal repariert, jetzt ziemlich
professionell mit Flicken aus Glasfiebermatten und Kunstharz. Das hält genau
vier Tage, dann ist endgültig Schluß mit fließend Wasser. Einer der steifen
PVC-Schläuche bricht seinen Stutzen einfach aus dem Tank heraus. Aber wir haben
uns bereits an die Flaschenwirtschaft gewöhnt. Doch das dicke Ende kommt noch.
Schon wieder
war ein ganzer Tag durch die Schleichfahrt und die mehrstündige Reparatur
verloren, doch wir haben noch Zeit für die Torres del Paine. Dieser
Nationalpark gehörte schon lange zu unseren Wunschzielen. 320 km liegen vor
uns. Die Entfernungen in Argentinien sind groß. Am kleinen Grenzübergang Cancha Carrera nach Chile stehen schon Warteschlangen. Jedes
Auto wird überprüft. Eine Stunde müssen wir warten. Wir glauben, alle Papiere
dabei zu haben, wie uns der Vermieter noch vor Abfahrt versichert hatte. Wir
legen die Wagenpapiere vor, das vom Notar unterschriebene Dokument mit unserem
Namen, aber wir werden aufgeklärt, daß die Zollerklärung fehlt. Die ist für
das Abstempeln bei Aus- und Einreise auch noch erforderlich. Irgerndwo muß der
Zöllner ja doch seinen schönen Gummistempel draufhauen können, nicht wahr.
Trotz unseres Flehens, daß wir nur zwei Tage in den nur noch 70 km entfernten
Torres wollen und dann wieder zurück müssen, half nichts. Ein Anruf zum
Vermieter nützt nichts und denn so etwas wie Fax besitzt die kleine Station
nicht. Bei herrlichstem Sonnenschein mit Blick auf die Rückseite der Zinnen der
Torres müssen wir wieder umkehren. Die Enttäuschung ist unendlich groß. Der
Vermieter hatte einfach vergessen uns das Papier auszuhändigen , was natürlich
schnell passiert, wenn man keinen Schreibtisch oder wenigstens einen Ordner mit
allen Papieren hat, sondern loseblattmäßig alles im Fond des Autos erledigen
muß. Nun müssen wir die 320 km unverrichteter Dinge wieder zurück, wieder 1,5
Tage perdu. So weit nach Argentinien geflogen, fast am Ziel unserer schon lange
gehegten Träume und dann dies.
Um doch noch
ein Highlight der Anden zu erleben, fahren wir zum markanten Fitz Roy (3.375 m),
eine Strecke von 220 km Schotter von Calafate über die berühmte Ruta 40 nach
Norden. Zwei Tage wollen wir diese Gebirgsregion nach der vorangegangenen Enttäuschung
genießen. Das Fitz Roy Massiv präsentiert sich prächtig. Für die Jahreszeit
ist es mit über 20 °C sehr warm. Der Berg leuchtet in der Abendsonne und von
zwei Schweizer-Fotokollegen erfahren wir, daß der Berg bereits vor 6:00 Uhr
morgens rot erglüht. Vom freien Campingplatz am Ortseingang (fließend Wasser
im Fluß und Plumpsklo im Gebüsch) haben wir einen exzellenten Blick und
stellen den Wecker. Am ersten Morgen ist er leider wolkenverhangen, am zweiten
Morgen scheint uns ähnliches bevorzustehen. Doch plötzlich reißt der
Wolkenvorhang auf und der Fitz Roy glüht in tiefem Rot der aufgehenden Sonne.
Der Fitz Roy. Foto: © Achim Kostrzewa
Wir machen
Wanderungen durch alte Südbuchenwälder bis ins Gebirge und sind wieder ein bißchen
versöhnt mit der Landschaft und der Natur. Doch das sollte nicht lange währen.
Freitags abends machen wir alles reisefertig, tanken und wollen nochmals das Öl
kontrollieren, das wir regelmäßig überprüfen und auch nachfüllen lassen.
Dies ist wirklich wichtig. Das macht man schließlich beim eigenen Auto auch,
und wenn der Motor wirklich kaputt geht, schauen alle Vermieter zunächst nach
dem Ölstand. Wir kennen das schon. In Neuseeland riß uns einmal der
Zahnriemen, der die Nockenwelle steuert, Totalschaden. Doch am übernächsten
Morgen um 8:00 Uhr hatten wir schon ein neues Auto und kulant wurde uns ein Tag
Miete rückerstattet.
An der
Tankstelle in Fitz Roy trifft uns nun fast der Schlag. Der Motor schwimmt im Öl.
Der Deckel für das Ölnachfüllen fehlt.
Einfach weg ! Was nun?? An eine
Weiterfahrt ist nicht zu denken. Gefangen in dem kleinen Bergdorf El Chalten,
220 schlechte Schotterstraßenkilometer voller Baustellen von El Calafate - also
der nächsten möglichen Werkstatt – entfernt, aber Fiat gibt es da auch
nicht, also auch keine original
Fiat-Ersatzteile. Der Vermieter reagiert am Telefon völlig unkooperativ und
genervt. Erst nach einiger Zeit wird ihm klar, daß wir in knapp einer Woche ins über 1600 km entfernt liegende Trelew unseren Rückflug
erreichen müssen und er sein Auto in Trelew zum weitervermieten braucht.
Er verspricht einen Ersatzdeckel nach El Calafate zu schicken, den sollte
ich dann dort abholen. Das hätte bedeutet 5 Stunden Busfahrt hin, übernachten
und 5 Stunden Busfahrt zurück. Alles erst einmal auf eigene Kosten versteht
sich. Das ganze Dorf kennt zwischenzeitlich unsere Misere. Der Polizeichef höchstpersönlich
fährt nochmals alle Strecken innerhalb des Dorfes ab, um den Deckel zu suchen,
denn weit ab können wir ihn nicht verloren haben. Doch es findet sich nichts.
Schließlich hilft er uns, eine Art Notstopfen zu basteln, daß wir wenigstens für
ein paar Kilometer zwischen Campingplatz und Dorf mobil sind. Schließlich folgt
der Vermieter sogar meinem Vorschlag, den Deckel einem Busfahrer mitzugeben, der
das Paket dann bei der Polizei abliefern soll. Erst heißt es abends um 19 Uhr,
dann um 23 Uhr sonntags soll der Deckel bei der Polizei eintreffen. Wir stehen
vor der Station, die Zeit verstreicht. Schließlich ist es ein Uhr nachts,
nichts. Wir schlafen schlecht. Die einzige Hoffnung besteht noch darin, morgens
um 6 Uhr den Busfahrer vor seiner Abfahrt zu sprechen. Dieser ist äußerst mürrisch
und wirft mir nur den Namen der Jugendherberge an den Kopf. Ich stiefele dort
hin. Erst einmal weiß man von nichts, schließlich findet man das Päckchen.
Der Vermieter hatte nur unseren Namen und El Chalten draufgeschrieben, anstatt
auch noch Polizeistation. Wir hatten uns schon nach einem Flug von El Calafate
nach Trelew erkundigt. Aber wie alle Sachen im Flieger transportieren ohne
Koffer, denn die waren ja beim Vermieter geblieben. Schließlich war im Pampero
dafür kein Platz mehr.
Schließlich
können wir den einfachen Plastikdeckel ohne Sicherheitsverschluß auf den Motor
drehen und die Rückfahrt antreten. Sie verläuft auf den asphaltierten Straßen
nunmehr problemlos. Viel könnte ja auch nicht mehr kaputt gehen, nur eine
Reifenpanne hätte uns noch gefehlt. Vorsichtshalber kontrollieren wir alle 100
km , ob der Deckel noch festsitzt. Einmal hatte er sich wieder eine Umdrehung
von selbst gelockert. Die Vibrationen der schlechten Straßen reichten dazu
offenbar aus.
Baumriesen von bis zu 30 Metern Länge liegen hier in der Landschaft von Jaramillo. Foto: © Achim Kostrzewa
Die
versteinerten Bäume von Jaramillo schaffen wir noch. Doch dienstags die
Bootstour zu Felsenpinguinen, die nur an bestimmten Tagen stattfinden kann,
verpassen wir. Das sollte an sich ein Highlight unserer Reise werden,
weil man Felsenpinguine sonst nur noch auf den Falkland Inseln beobachten kann.
Da war ich zuletzt im Januar 1996. Einen Tag ruhen wir uns nach der ganzen
Aufregung noch in Camarones aus, sehen die ersten Pinguinküken für dieses
Jahr, dann müssen wir nach Trelew zurück.
Magellanpinguin mit den ersten Jungen der Kolonie. Irgendwie erinnert mich das an unseren Vermieter - mault rum und guckt beleidigt. Foto: © Achim Kostrzewa
Der
Vermieter setzt eine beleidigte Miene auf, entschuldigt sich nicht für das
fehlende Grenzpapier. Er „erläßt“ uns lediglich 1200 km zu viel gefahrene
Kilometer. Für die fünf Tage, die uns praktisch voll ausgefallen sind, bietet
er unverschämterweise einen Voucher für vier Wohnmobiltage. Nicht mal das unnötig
verfahrene Benzin nach Torres will er erstatten. Von Kulanz keine Rede.
Fazit:
Argentinien ist ein tolles Land mit herrlicher Landschaft und interessanter
Tierwelt, doch kein Land, um mit den dortigen „Wohnmobilen“ zu reisen. Man
nimmt zwar internationale Preise, doch der Service und Standart läßt mehr als
zu wünschen übrig. Wenn der Motor oder das Getriebe bei einem etwas älteren
Auto verreckt wäre, hätte gar kein anderes gestellt werden können. Dann steht
man da und muß sehen, wie man seinen Rückflug erreicht oder was man auf eigene
Kosten mit seinem Resturlaub anfängt. Perfiderweise schließt der Anbieter Gaibu
Rückerstattungen bei Abbruch der Reise gleich ganz aus. Also wenn sie
erstmal das Geld haben, besteht am Kunden keinerlei Interesse mehr, denn man
weis wohl, der Kunde bucht nur zweimal: zum ersten und zum letzten Mal.
Ein Grazer
Mercedesingenieur, der mit seinem Unimog in Camarones am Strand stand, besah
unser Auto und meinte trocken: “da könnt ihr im Paketdienst in Deutschland
mit rumfahren, für die Straßen hier ist das selbstragende Fahrwerk und alles
andere auch viel zu schwach ausgelegt.“ Also wird sich der nächste Kunde
wieder freuen können.
Auf unserer
Reise haben wir auch erfahren, daß wir keineswegs die einzigen Pechvögel
waren. Wir trafen auch Leidensgenossen, die bei der gleichen Firma ab Buenos
Aires gemietet hatten und eine Familie, die sogar die teure Einwegsmiete gezahlt
und den Wagen in Rio Gallego abgeben wollte. Alle waren höchst verärgert,
berichteten ebenfalls von multiplen Pannen, viel Zeitverlust und unkooperative
Telefongesprächspartnern der GAIBU-Stationen. Alle drei Autos hatten Löcher,
Risse oder andere Schäden im Wassertank. Zwei gravierende Schäden am Motor
oder Getriebe. Zwischenzeitlich haben wir sogar gehört, daß große schweizer
Reisebüros, ihren Kunden ausdrücklich von GAIBU abraten. Hier in Deutschland
stellen sich die „Vermittler“ wie auch unsere Reisebekanntschaft aus Süddeutschland
feststellte,
ebenfalls stur und verweisen auf GAIBU in Argentinien.