Landschaftsphotographie: Mehr Spaß mit analog !

Man kann Fotos unter zwei Aspekten betrachten:

Der User (Bildredakteur) sieht nur das Resultat und nur das zählt! Ist das Bild ein Eyecatcher? Passt es in den Kontext? Stimmt die Qualität (für die beabsichtigte Druckgröße)?

Der Fotograf kann aber zusätzlich noch Befriedigung aus seiner Arbeit ziehen und hier ist das Tun entscheidend: habe ich Spaß am Prozess des Bildermachens oder muß ich (weil der Kunde es will) eine bestimmte Technik (z.B. digital) benutzen? Meine "Kunden" sind einige Verlage, denen besonders die Authentizität und genaue Dokumentation der Bilder wichtig ist. Da kann ich auf ein Natur- und Reisearchiv von gut 50.000 Kleinbild und etwa 5.000 Mittelformatdias blicken zu dem sich in den letzten Jahren auch 30.000 Digitalaufnahmen gesellt haben. Da die meisten Fotos bei meiner Arbeit als Naturkundler entstehen, muß ich auch nichts mehr damit verdienen. Gebe aber Bilder grundsätzlich nur gegen Honorar ab.

 

Profiscan vom 4,5 x 6 Velvia 50 Dia: Antarktis, Weddell Meer, Iceberg Alley. Mamiya 645, Sekor 2,8/55 bei f/11, freihand aufgestützt. © Achim Kostrzewa

 

Landschaftsphotographie ist ja eher der Kunst zuzuordnen, verdienen tut eh kaum jemand damit. Ausstellungen, Vorträge, Kalender oder Bildbände spielen kaum die Kosten ein, wie ich aus eigener Erfahrung weiß. Also kann hier der Spaß an der kreativen Arbeit absolut im Vordergrund stehen.

Wenn man sich also schon die "Mühe" macht, kreativ zu sein, kann man auch gleich den Spaß optimieren. Der heißt für mich immer noch oder besser nach vier Jahren Pause wieder Mittelformat auf Rollfilm, wenn nicht gar Großformat (9 x 12 cm) mit einer Fachkamera. Warum? Wenn ich digital fotografiere (für Reisereportage- oder Tierfotografie) nutze ich die "neuen" technischen Möglichkeiten voll aus. Hohe ASA, VR, AF, hohe Bildfrequenzen erhöhen definitiv die Trefferquoten gerade in der Tierfotografie und erlauben auch im Ergebnis "bessere Bilder." Aber immer da, wo es nicht auf Geschwindigkeit ankommt sondern auf den kreativen Prozess, scheint mir die analoge Photographie auf Rollfilm deutlich überlegen.

 

Amateurscan: Ayers Rock. Mamiya 645, Sekor 3,5/150mm N, f/11-16, Stativ Velvia 50, Abendlicht. © Achim Kostrzewa

 

 

Amateurscan: Horseshoe Bend, Colorado River, Colorado Plateau. Mamiya 645, Fisheye Arsat 3,5/30mm bei f/16, Bodenstativ. © Achim Kostrzewa

 

Amateurscan: Mittelnorwegen, am Snovegen im Mai: "Blue Lake." Mamiya 645, Sekor 2,8/55mm @ f/16, Stativ, Polfilter. Für die Betonung der Zentralperspektive Beschnitt auf 4 x 4. Für das quadratische "Hasselbladformat" habe ich extra Markierungen auf der Gitter-Mattscheibe angebracht. © Achim Kostrzewa

 

Richtige Dias im Mittelformat. Das hat Haptik und unbezweifelte Originalität. Oben sechsmal Schottland und unten sechsmal Coloradoplateau. Diese Serien wurden während der 1990er Jahre fotografiert. Die Farben des Velvia sind im Original viel besser als hier unbearbeitet auf dem Bildschirm. Es gibt auch nach 15-20 Jahren bislang keine sichtbaren Qualitätseinbußen. Abfotografiert vom Leuchtkasten mit 5000 Kelvin Beleuchtung. © Achim Kostrzewa

 

Für die Überlegenheit des großen Analogformates gibt es viele Gründe:

 

Amateurscan: Utah Wachholder, Canonlands NP, Colorado Plateau. Mamiya 645, Sekor 3,5/150mm N, f/11-16, Stativ Velvia 50, Abendlicht. © Achim Kostrzewa

 

Das alles bedeutet natürlich nicht, dass man Landschaftsfotos nicht auch digital erstellen kann. Auch digitale "Vollformat"-Kameras (24 x 36mm Sensorfläche, früher hieß das mal "Kleinbild") liefern technisch gute Ergebnisse, man kann ja auch zur Qualitätssteigerung zusammengesetzte (gestichte) Panoramaaufnahmen herstellten. Die aktuellen hochauflösenden 24-36MP Kleinbild-Kameras benutzen oder gar zum 60-80 MP Mittelformatsensor greifen, der heute die vollen 40x54mm bietet, dafür aber auch 30.000 € kostet. Letzteres scheint mir Werbeprofis vorbehalten, die auch genug Geld damit verdienen. Diese Hi-end Sensoren scheinen auch nicht mehr an die alten, analogen Kameras adaptierbar zu sein? Was aber möglich ist, wenn ich es denn möchte, wäre z.B. der Anschluß eines etwas älteren Hasselblad CF 39 Backs (39 MP mit 36,7 x 45mm Sensorfläche) über eine Adapterplatte. Der dann digitale Teil der Kamera wird über den Blitzsynchronanschluß mit der analogen Technik verbunden. Es gibt Anschlußplatten für alle gängigen 645 Formate (Contax, Mamiya), 6 x 6 (Rollei), 6 x 7 (Mamiya, Fujica) und für Fachkameras. Ob sich das "lohnt" weiß ich nicht. Ein Top Scan von einem Top Velvia Dia wird in der Auflösung auch bei 40 MP liegen...

 

Amateurscan mit Profisoftware gestichted: Mesa Arch bei Sonnenaufgang, Canyonlands NP, Utah. Mamiya 645, Sekor 4/50mm Shift, zwei Shiftaufnahmen L + R wurden nach dem scannen zusammenmontiert. Viele weitere Panoramen, die ich mit dem 50er Shift und auch mit dem 150er gemacht habe, harren noch der Bearbeitung. © Achim Kostrzewa

 

"Amateurformate" tendieren ja dazu immer kleiner zu werden: APS-C (x 1,5) oder Four-Thirds (x 2) sind noch professionell nutzbar. Weit kleinere Formate sind zum Reisen und Erinnerungen festzuhalten sicherlich prima. Und manchmal beneide ich Leute, die im Tagesrucksack was zu Trinken und zu Essen haben, aber keine 10kg Fotogepäck, sondern eine kleine Lumix, aber eben nur manchmal...

Ansonsten: In schönen Naturlandschaften zu wandern, ein Motiv finden, das Stativ aufbauen und sich dem Motiv und dem "richtigen Licht" photographisch zu nähern, im großen Sucher mit Hilfe der wenigen Brennweiten die Proportionen zu komponieren, mittels Spotbelichtungsmesser die optimale Belichtung zu finden (Zonensystem!) und auch die SW Filme noch selber zu entwickeln, das beschreibt meinen Spaß an der analogen Photographie, ihrer kreativen Möglichkeiten und den handwerklichen Fähigkeiten, die man dazu erlernen muß.

Was ich noch nie an der Analogtechnik geschätzt habe, war und ist die komplizierte Farbverarbeitung im Labor (Stichwort Cibachrome Abzüge), daher war ich immer Diaphotograph. Und liebe die Velvia Farben noch immer. Bei SW lohnt dagegen die Arbeit in der Duka mindestens für die Filmentwicklung. Man kann Korn und Gradation selber steuern und hat damit einen zweiten kreativen Prozess. Eine Entwicklungsdose und das bisschen Chemie kann man sogar auf Reisen im Campingbus nutzen. Habe vor 25 Jahren noch meine Kleinbild Ilford HP5 direkt vor Ort in Schottland oder Norwegen  entwickelt und die zwei Filme, die die Dose fasst, nachts im Schlafsack bei Dunkelheit eingespult und am nächsten Morgen entwickelt. Wollte ja schließlich "sofort" wissen, ob die Tieraufnahmen etwas getaugt haben...

In diesem Sinne "Gut Licht" auch für alle "Digital Natives", die ich  ein wenig um die fehlende Analogerfahrung bedauere... :-D

 

Amateurscan: River Ythan, Schottland. Mamiya 645, Sekor 4/210mm @ f/8, Stativ. © Achim Kostrzewa

 

 

    

Arbeitsfotos aus dem Banff NP, Kanada (2005): Lake Loise und am Peyto Lake. © Kostrzewa

NACHTRAG: Habe zum Thema schon 2006 einen Beitrag im GDT Forum veröffentlicht: http://www.gdtfoto.de/content.php?siteloc=forum&id=127 Da hat sich meine Meinung zu analog-digital in acht Jahren nicht sehr verändert: der Spaß am analogen Mittelformat ist geblieben, die Action-, Tier- und Gebrauchsfotografie ist bei digital allein aus praktischen Erwägungen eindeutig besser aufgehoben.

Text & Fotos © Achim Kostrzewa (17.3.2013)