© Achim Kostrzewa (weitere Bilder folgen in Kürze)
Aloha, oder was will ein Eismann, ein Arktismensch in den Tropen? Schwitzen?! Gut, es ist im 50. deutlich wärmer als im 51. Bundesstaat der USA – ALASKA. Es gibt auch keine Pinguine hier, wie auf der Südhalbkugel. Und noch weiter frustriert den Biologen die schiere Artenvielfalt, ein Hektar hawaiianische Natur – beispielsweise auf Kauai, der noch ursprünglichsten Insel – enthält wahrscheinlich mehr Arten, als die ganze Arktis und Antarktis zusammen. Gut, das Meiste davon hat sechs oder mehr Beine, Blüten oder Blätter, aber selbst die Artenvielfalt bei Vögeln und Säugern ist vergleichsweise enorm hoch.
„Hawaii Fünf Null“, eine Fernsehserie aus Kindertagen wurde ja gerade wieder zum Leben erweckt. Ich stolperte, mal wieder ohne Fernsehzeitung, zufällig beim „Unterschichtenfernsehen“ über die neuen Folgen?! Aber, wer von den "Privat"-Guckern weiß schon um die Bedeutung von Fünf Null? Hawaii wurde am 21. August 1959 immerhin der 50. US-Bundesstaat und ist heute sogar die Heimat des amtierenden US-Präsidenten Obama. Außerdem gibt es natürlich Bier auf Hawaii, auf Kauai allein zwei einheimische Sorten: ein helles, etwas bitteres und ein dunkleres, süßes „Frauenbier“, beide haben erfreulich wenig Alkohol. Das Helle ist für mich genau richtig, sonst gibt es ja noch Importwein, an den australischen roten Cabernet-Sauvignon oder Shiraz bin ich ja noch vom letzten September gewöhnt. Der Weiße Chardonnay ist auch lecker. Das Leben ist im Vergleich zu Kalifornien ziemlich teuer: Steigerung von Big Island, über Kauai zum teuren Maui, doch der gute Wechselkurs (1 USD = 0,685 €) reißt einiges wieder raus.
Foto: "Komm'se mit Vulkane gucken," das kann man kaum besser als auf Hawaii (hier Haleakala NP, Maui). Einen warmen Parka braucht man auch hier oben im eiskalten Wind...
©Achim Kostrzewa
Wir reisen mit dem Mietwagen und wohnen in schönen, privaten, naturnah gelegenen Bed & Breakfast Häusern mit 1-3 Fremdenzimmern oder Cottages, das sind komplett eingerichtete Ferienhäuser. April ist noch Nebensaison auf/in Hawaii, d.h. man bekommt noch Parkplätze (im Schatten) und die Sehenswürdigkeiten sind nicht ganz so überlaufen. Wohnmobile gibt es auf Hawaii nur auf Big Island, habe genau eines (27’ Tioga) gesehen, aber ne Menge alter Westfalia VW-Busse. Grund für den RV-Mangel, es gibt keine Facilities dafür auf Hawaii, so gut wie keine Campingplätze, enge Straßen, keine Auto-Fährverbindungen: also Womo und Hawaii sind bislang keine Liebesbeziehung eingegangen.
“Hawaii, nothing but a tourist trap”, sagte Lt. Morino zu Dr. Kay Scarpetta in „All what remains“, (Patricia Cornwell, 1992). Den Eindruck habe ich bislang noch nicht gewonnen. Den tollen Krimi aber im Zimmerschrank von Elizabeths „Hale Luana“ gefunden und in der Jet-lag Nacht durchgelesen.
*Mahi Mahi = leckerer Fisch aus der Doradenfamilie, wird oft auch falsch als „dolfin“ bezeichnet.
** um jetzt mal etwas kryptisch zu sein, hat dieser Satz in etwa die Qualität vom Text Gary Brookers „Wither shade of pale“ (Procul Harum), haha. Aber ne groovy B 3 mit 147er Leslie spielt der Matthew Fisher da, mit jeder Menge Bach-Zitaten. Mädels, aufgepasst, Klammerblues für heutige Opas.
Die Insel Kauai (gespr. Kaa’wei) macht ihrem Namen alle Ehre. Wir wohnen je vier Tage in zwei villenähnlichen Privatquartieren mit großen Grundstücken auf der Nord- und Südseite der Insel. Ein vorsichtiger Blick beim örtlichen Immobilienhändler zeigt uns schnell, das sind Objekte von mindestens 2 Mio. USD Wert. Vermietet wird von bereits pensionierten Paaren. Bei ALAMO bekommen wir einen Ford Focus mit Schiebedach, sehr schön und ganz ohne langen Papierkram. Dann kann es gleich losgehen.
Besonders interessant auf der Nordseite sind der Leuchtturm Kilauea mit seinem Naturreservat: Laysan Albatros Brutplätze gibt es seit 1970 am Kilauea Lighthouse. Dazu eine Kolonie von Rotfußtölpeln, Tropik - und Fregattvögel, und eine Kolonie mit nachtaktiven Keilschwanz-Sturmtauchern.
Mike, bekennender Canonist und stolzer Besitzer eines EF 600, kennt sich hier als eingeborener Insulaner aus: der beste Platz für Seevögel auf ganz Hawaii schmunzelt er. Von Beruf Zimmermann und Maler, zieht es ihn schon immer zur Ornithologie und zum Fotografieren. Was er mir aus seiner Bildermappe zeigt, ist Vogelfotografie vom Feinsten. Und er erklärt mir freimütig, wo die besten Standorte mit den besten Uhrzeiten sind. So bekomme ich innerhalb von ein paar Stunden Fotozeit (netto) relativ vorzeigbare Seevogelbilder hin. Das Schutzgebiet ist Ranger überwacht, eingezäunt, und nur von 10-16 Uhr zugänglich, d.h. auf die Keilschwanz-Sturmtaucher muss ich verzichten, die sind ja wie überall nachtaktiv.
Foto: Laysan Albatros am Kilauea Lighthouse. Da die Vögel relativ nahe kommen, reicht mein AF-S 4/300mm an der D700 voll aus. ©Achim Kostrzewa
Foto: Rotfußtölpel brüten hier in Büschen und Bäumen. Fregattvögel wirken auf mich immer sehr fledermausartig... Wo die D700 nicht ausreicht, hilft die D300 und der 1,4-fach Konverter TC14 IIE. ©Achim Kostrzewa
Foto: Rotschwanztropikvögel sind schnelle und wendige Flieger. Man braucht wegen des Abstands eine lange Linse (D300 und der 1,4-fach Konverter TC14 IIE = 630mm eff.) Mike, der Canon-Man hat diese Probleme nicht, aber bei 600mm (840mm eff.) auf dem Stativ ist es schwer die Vögel überhaupt im Bild zu halten. ©Achim Kostrzewa
Der Kilauea-Overlook ist frühmorgens vor dem Frühstück ein toller Platz, den man fast ganz für sich alleine hat. Tagsüber kann man am Strand bis in den Abend faulenzen, wo dann am Kee’ Beach die Sonne untergeht oder doch zumindest in den Wolken versinkt. Auf dem Weg dorthin passiert man Hanalei und kommt dann zu zwei „Lavahöhlen“, die ihre Entstehung aber nicht dem Lavafluss, sondern Auswaschungen durch die Meeresbrandung zu verdanken haben. Immer gibt es Schatten, immer Wind, so lassen sich die Tropen aushalten. Abends kann man sich durch die Gastronomie arbeiten. Es gibt für jeden Geschmack alles, solange man nicht „Pizza Hawaii“ bestellt. Pizza mit Ananas halte ich wirklich nicht für geboten, das ist weder hawaiianisch, noch italienisch. Das klingt wie Clemens Wilmenrods „Toast Hawaii“. Dieser Fernsehkoch hat schon meine Jugend negativ beeinflusst. Meine Mutter hatte zweimal versucht, etwas nachzukochen. Beides mal Schrott, sie, die sonst gute Köchin, war verzweifelt an diesen Rezepten. Kein Wunder, da sich später herausstellte, dass der gar nicht kochen konnte, sondern ein Hochstapler war…
Foto: Waimea Canon von oben - die Straße zieht sich von der Mündung des Waimea Rivers immer rechts entlang des Flusses und endet etwa 19 Mi. später oberhalb der Na-Pali Coast an einem Ausblickspunkt, der fast immer im Nebel liegt. ©Achim Kostrzewa
Die Südseite Kauai´s sollte laut Statistik dreimal so trocken sein wie die Nordseite. Leider waren wir da mal auf der falschen Seite der Mittelwerte. Trotzdem hat alles geklappt wie geplant: Standpunkt Koloa. Von hier geht es zum Waimea Canyon, dem größten auf ganz Hawaii und mit 900 Metern Tiefe dem Grand Canyon nicht ganz unähnlich. Diese 900 Meter hat sich der Waimea River in den alten Schildvulkan eingetieft, der hier vor 5,5 Mio. Jahren seinen Rücken über den Ozean erhob. Kauai ist die älteste der größeren, bewohnten hawaiianischen Inseln, die wie Perlen auf einer Kette aus dem Meer erscheinen. Getrieben von einem gewaltigen Hot Spot mitten unter der ozeanischen Platte.
Die 19 Meilen lange Straße entlang der Westseite des Canyons ist sehenswert und bietet viele Aussichtspunkte. Die beste Fotozeit scheint morgens zu sein oder jedenfalls immer dann, wenn es nicht regnet oder alles Wolken verhangen ist. Ihr Endpunkt bietet hin und wieder einen phantastischen Blick auf die Na Pali Küste hier am Kalalau Valley. Oft ist aber alles dicht. Bei den gut 1000 Metern Höhe bleiben die Wolken oben an den Bergen hängen, während man von unten auf einer Bootstour eine tolle Aussicht auf die geheimnisvolle Küste hat, wo Steven Spielberg Außenaufnahmen für sein „Saurierepos“ drehte. Er wählte auch – ganz profan – den botanischen Garten von Poipu für weitere Drehs. An der Küste dort kann man ein schönes „Blowhole“ anschauen – Spouting Horn, vor allem bei Sonnenuntergang schön, wenn die Sonne da ist…
Foto: Das Spouting Horn wirkt wie ein Pseudo-Geysir im letzten Abendlicht; ist aber ein Brandungsphänomen. Mit Aufhellblitz + Stativ.
©Achim Kostrzewa
Auch hier lädt der Strand zum Bade. Die Na Pali Coast Tour mit einem Katamaran ist für den Fotografen durchaus empfehlenswert, so er seefest ist und seine Kamera mit einer Hand bedienen kann. Es sollte die „Dinnertour“ sein, wegen des Lichts. Und Finger weg von den grausigen Mai Tais, die sehen aus wie Ice Tea… Katamaran deshalb, weil die hochgezüchteten Schlauchboote Rückenbrecher sind und man total nass wird. Selbst die Katamarane touren mit Motorkraft mehr oder minder full speed: es sind 46 Meilen bis Na Pali. Da kann man auf Wellenlauf und Wind keine Rücksicht nehmen. In 4,5 h muss es vorbei sein. Netto vor Ort bleiben vielleicht 30 Minuten. Dann hat man seine Fotos im Kasten oder auch nicht, wenn’s regnet zum Beispiel. Ich hatte etwa 10 Minuten brauchbares Licht und musste mit 400 ASA arbeiten, um bei der Schaukelei auf ausreichende Zeiten von 1/500 sec bei 85 mm Maximalbrennweite zu kommen. Da man sich immer mit einer Hand gut festhalten muss und auch hofft, dass nicht irgendeine Landratte gegen einen fällt, ist das fotografische Arbeiten schwierig: gerader Horizont – kannste vergessen, also immer Fleisch drumrum zum Nacharbeiten lassen!
Foto: Die berühmte Na-Pali Coast. Über fünf Mio. Jahre hatte die Erosion Zeit, tiefe Rinnen in den alten Vulkanschild zu schneiden. © Achim Kostrzewa
Mit dem 300er hab ich dann noch eine Buckelwalfluke erwischt. Genau im goldenen Schnitt rechts unten, aber weil das Boot plötzlich kippte, 8° schief. Mit dem NIKON Capture NX2 konnte man das aber wieder „geradebiegen.“
Auf der Rückfahrt gab es dann noch ein einfaches Deli Dinner, den Koch von Kaui See Tours sollte man kielholen, wie kann man aus Huhn, Ananas und Reis so eine geschmacklose Pampe herstellen. Ein bisschen Zitrone oder Zitronengras, Curry und Sambal Olek hätte den Pfiff gegeben. Salz wäre auch nicht verkehrt gewesen… Salat direkt aus dem Beutel und Dressing aus der Flasche, das klingt nicht nur wie Kantinenessen. Immer alles mindestens „Deli“, oder was, MAHALO ! Aber so einige haben sich sowieso eher an den freien Drinks bedient, an dem grauenvollen Sirup Mai Tai, Coors Plörre usw. je mehr je besser…
Zum Schluss hat uns beim Ausbooten dann noch ein tropischer Platzregen erwischt. Dem weiten Anorak (Inuitwort!) aus dem Rucksack sei Dank, blieb aber alles Wesentliche trocken.
Und zu guter Letzt: Die Insel Kauai müsste heute an sich „Hühnerinsel“ heißen. Der Hurrican Iki von 1992 hatte bei einigen Hühnerfarmen die Dächer abgedeckt, seitdem sind die Hühner verwildert, wieder flugfähig und gedeihen prächtig in Freiheit, wie bei uns die Stadttauben. Und das allerletzte: „Wenn es des nachts in deinem Garten grunzt und kracht, bloß drinnen bleiben, denn dann machen sich die Wildschweine (europ. Sus scrofa) über dein Gemüse her. Wenn man sie dabei stört, jagen sie einen noch ums Haus“ erzählte uns Elizabeth beim Kaffee.
Die Interinselflüge dagegen scheinen eher eine Art Roulette zu sein. Nicht russisch, aber gegen die Bank, äh Airline. Die spielen hier mit Hingabe das Spiel, ist der Flieger nicht voll, sagen wir den Flug ab und fassen ihn mit dem nächsten zusammen. Wie heute, der Flug von Lihue (Kauai) nach Kona (Big Island), sollte mit Zwischenlandung in Honolulu durchgehen. Nachdem man in unseren Mittagsflug schon die paar Morgengäste gepackt hatte, schmiss man uns in Honolulu kurzerhand aus der Maschine, die jetzt nicht mehr nach Kona ging, sondern nach Maui ??? Kona erst um 3:15, statt 1:05. Bleibt mir die Zeit hier in einer richtig schäbigen Abflughalle weiter an meinem Bericht zu tippen. Airlines sind halt überall gleich Kunden unfreundlich…
Letztendlich hat dann der Interinselflug mit „GO! Mokulele“ sieben Stunden brutto statt 1,5 Stunden netto gedauert!
Hier bekommen wir bei Alamo binnen Minuten wieder ein größeres Auto Typ Chrysler Sebring, sieht aus wie eine Steroidversion des Opel Astra (wieso eigentlich Opel?), aber mit Ledersitzen und allen Finessen. Vielleicht sollte man Alamo ja das Management der „Stop! Ukulele“ Airline überlassen…
Für mich soll das hier die Vulkaninsel sein, wo ich endlich mal Blut, äh Lava fließen sehe. Letztes Jahr Island sind wir am spuckenden Vulkan Ejaflatajoküll gescheitert und jetzt sieht die Fahrt zwischen Flughafen und Cook Village genauso aus, wie von Keflavik nach Reykjavik. Man fährt über endlose Lavafelder, eine flache, weit ins Meer hinausgeschobene Lavaebene.
Das B&B ist wieder so ein Sahneteilchen, 1,6 ha Garten mit Holz-Villa und direktem Meerblick, tsunamisicher 300 Meter am Hang über dem Meer gelegen. Unverbaubare Aussicht. Im Garten direkt an unserer Terrasse wohnt eine Familie Dreihornchamäleons (Chamaeleo jacksonii). Papa ist giftgrün und hat drei Hörner auf Stirn und Nase. Eingeführt wurde diese Spezies aus Ost- und Zentralafrika.
Brigitte Bacchus aus Honolulu und Frau Wagner vom „Pacific Travel House“ (www.pth-muc.com) sei Dank für die problemlosen Buchungen und die Superkenntnis der Extraklasse B&B Szene. Da kann für mich kein noch so tolles und dreimal so teures Hotel mithalten.
Die Südwestküste ist früher Zuckerrohrland gewesen. Heute gedeihen hier überwiegend der berühmte Kona Kaffee und leckere Macadamianüsse. Letztere mit Schokolade ummantelt… sehr lecker. Breite Lavaströme vom Mauna Loa teilen die Landschaft rund um den Vulkan in fruchtbare und furchtbar zerstörte Zonen ein. Von Waimea aus geht es ein gutes Stück die berüchtigte „Saddle Road“ hinauf, bis der Mauna Kea und der etwas niedrige Mauna Loa (sic!) auf ein Bild aus einer trockenen, sonnendurchfluteten Lavalandschaft passen. Beide tragen heute unvorteilhafte Wolkenhüte. Am Hang des Mauna Kea erkennt man etwas Schnee. Klar bei über 4.100 Metern soll das wohl auch am Äquator so sein. Das Grasland wird als Rinderweide benutzt. Beim Metzger sollte man „gras-feed“ Rindfleisch aus hawaiianischer Produktion kaufen und grillen, sehr schmackhaft. Zum Marinieren reicht ein bisschen Olivenöl, Pfeffer und Knofi. Dazu gegrillte Zucchinischeiben, frischer Tomatensalat und Baguette, fertig! Halt, ein wenig Wein nach Gusto sollte auch nicht fehlen…
Von den Gerüchten über die Saddle Road sollte man sich nicht kirre machen lassen. Sie hat von Waimea aus die Qualität einer Eifellandstraße. Da kann man mit dem 40-Tonner lang fahren oder mit einem normalen PKW, aber eben nicht bei Schneesturm auf Sommerreifen. Unsere etwas bekloppten Nachbarn haben extra ihren kleinen Hyundai Mietwagen in einen Ami Panzer Marke Jeep eingetauscht. Ich frage mich, womit die zu Hause durch die fränkische Alb fahren? Na egal, jeder Jeck es anders!
Foto: "Hallo, ich bin Madame de Lacroix, die Suppenschildkröte (C. mydas) - früher wurden wir in 425ml Dosen als "Lady Curzon" beerdigt, heute kommen Japanische Touristen und reden über Kochrezepte. Aber ich halte es da mit Wilfried Schmickler: Menschen - für mich persönlich vollkommen uninteressant. Wir sind schon über 220 Mio. Jahre hier, und die? Nicht mal solange wie die Hawaiinseln alt sind..."
Wirklich, die Schildkröten buddeln ihre Löcher völlig unbeeindruckt von der Vielzahl von Leuten, die hier am Strand von Punulu'u Black Beach baden, picknicken oder nur langlaufen! © Achim Kostrzewa
„I am the god of hellfire, and I bring you – FIRE” (Crazy World of Arthur Brown)
Kilauea, eh? Die Fahrt dorthin führt am Strand von Punaluu, einem Black Sand Beach vorbei. Hier lungern nicht nur Touristen, sondern auch fünf Seeschildkröten rum. Nachdem 50 Japaner ohne jegweden Abstand um sie rumstanden und sich wahrscheinlich überlegt haben, was für ein leckeres Süppchen man daraus doch kochen könnte… Komme ich aus gebührendem Abstand denn auch zum Zuge respektive Fotos. Die Schildkröten tragen es mit Fassung. Sie kommen hierher schon „immer“ und im Vergleich zu den Schildkröten als Gattung mutet die Insel mit nur 700.000 Jahren doch recht jung an. Nachmittags fahren wir bei Sonne gleich in den NP, es hatte hier die letzten 10 Tage am Stück nur geregnet. Also ist jeder fotografisch nutzbare Sonnenstrahl auch auszunutzen, wer weiß, was kommt.
Abends kommen wir endlich im B&B „Volcano Hideaway“ an. Jillian & Todd haben alles fertig, nur einkaufen müssten wir noch. Ja, klar hier im Volcano Village, böse Überraschung, es gibt nur ein paar mickerige Kneipen und zwei General Stores, in denen eher nur Flüssiges angeboten wird, aber keinen Supermarkt. Also schwingen wir uns nach einem steifen Kaffee wieder hinter das Steuer und fahren zähneknirschend 20 Meilen weiter nach Kea’au, um für vier Tage alles Nötige zu besorgen. Um 20:30 gibt es endlich „Mittagessen.“ Todd hat einen Edelstahl strahlenden Viking Profigasherd in der Küche des freistehenden Cottages „The Maids Quarter“ stehen, so was hätt’ ich auch gerne zu Hause. Überhaupt ein süßes Stück Wohnung, etwa 65 m2 groß mit Holzofen im großen Wohnzimmer, Küche mit Essecke, großes Duschbad mit extra WC, heißer Gäste-Whirlpool draußen im tropischen Garten, Waschmaschine & Trockner und einer kleinen Veranda. Im Schlafzimmer gibt es noch einen Gaskamin. Hier kann man es selbst bei schlechtem Wetter aushalten, ohne auf 1.200 Metern Höhe gleich zu erfrieren. Besonders ideal für Fotografen geeignet, die bei schlechtem Licht die drei Meilen vom Krater nach Hause fahren, Kaffee trinken, whirlpoolen oder Schreiben und Bilder bearbeiten können. Das ist noch bequemer als Wohnmobil. Ich mach ja sonst keine Reklame, aber hier dieser Geheimtipp sollte genutzt werden: P.O.Box 811, Volcano, HI 96785, Tel. 001-808-985 8959, E-Mail: todd@volcanovillage.net. Todd & Jillian Marohnic haben in einem früheren Leben mit ihrer 35’ Yacht GENESIS die hawaiianischen Inseln umsegelt.
Am nächsten Abend am Kilauea Thomas A. Jagger Museum werden wir für den Verlust der flüssigen Lava unten am Meer entschädigt: Innerhalb der 122 Meter tiefen Kilauea Caldera liegt ein kleinerer zweiter Krater mit dem schönen Namen Halema’uma’u. An dessen tiefen Boden schwappt ein See aus frischer Magma und sendet SO2 in der Größenordnung von 60-300 Tonnen täglich in die Atmosphäre. (Dafür könnte ich mit meinem Öko-Diesel jeden Tag 0,4-2,0 Mio. Kilometer fahren, uff). Dieses und andere Gase reizen die Atemwege und können zu Erstickung führen. Sie treten mit mehreren hundert Grad aus der Magma aus und bilden eine stetige Säule über dem Krater. Abends als ich die Fotos machen konnte, war sie besonders intensiv. Die Kollegen vom US Geological Survey am Hawaiian Volcanic Observatory, die direkt hier ihr Institut haben, maßen heute Abend einen Gas-Plume von 860 Fuß! Dazu der Halbmond, der alles in fahles Licht tauchte, nahezu perfekt. Die negative Seite ist allerdings, dass die Hälfte der Crater Rim Road zwischen dem Museum und dem Devastation Trail jetzt schon seit 2009 gesperrt ist: In diese Bereiche bläst die Hauptwindrichtung die gefährlichen Vulkanabgase, die zusammen mit dem häufigen Nieselregen, den sog. „Vog“ (Volcano Smog) bilden. Manchmal müssen sogar umliegende Ortschaften gewarnt werden, Türen und Fenster zu schließen und man kann den Vulkan bis zur Inselhauptstadt Hilo riechen.
Foto: Mein Lieblingsfoto vom Halemaumau. Abends in der Dunkelheit bei sehr guter Aktivität aufgenommen. © Achim Kostrzewa
An den Kilauea schließt sich im Osten der zuletzt 1959 aktive Kilauea Iki Krater (iki=klein) gleich an. Sein Ausbruch hatte den Pu’u Pua’i Tuffkegel gebildet, der am Ende des Devastation Trail liegt. Man sieht hier genau, wie weit der Ausbruch den Regenwald zerstört hat und wie lange es dauert, bis auf der groben sehr wasserdurchlässigen Lava wieder etwas wächst. Nicht weit entfernt befindet sich die Thurston Lava Tube, eine große begehbare Lavaröhre, die man am besten früh morgens oder spät nachmittags bei Regen besucht. Mittags kommen die Busse, da ist es rappelvoll. Man kann den Iki in etwa drei Stunden durchwandern. Man muss dazu erst etwa 200 Höhenmeter absteigen. Steht dann auf dem stellenweise dampfenden Kraterboden, durchquert diesen und steigt auf der anderen Seite am Tuffkegel wieder auf. Bei gutem Wetter ist es auf der dunklen Lavaboden mächtig heiß, also viel Wasser mitnehmen. Bei Nebel sieht man eh nix und kann sich das auch schenken.
Foto: (li) Kilauea Krater mit dem Halemaumau darin vom Rand des Iki Kraters aus gesehen. Links im Bild angeschnitten der Tuffkegel des Pu u Pua i. (re) Abends bei beginnender Dunkelheit und sehr guter Aktivität mit dem Tele aufgenommen vom gleichen Standort wie beim linken Bild. © Achim Kostrzewa
Foto: (li) Der Tuffkegel des Pu u Pua i vom Devastation Trail aus gesehen. Dieser Randausbruch des Kilauea Iki (re) hatte weite Teile des angrenzenden Waldes verschüttet und nur einzelne Bäume haben sich im Tuff und Ascheregen halten können. Ansonsten ist die Vegetation in diesem sehr trockenen Boden spärlich. (re) Man sieht im Hintergrund den Halemaumau vor sich hin "dampfen". Im Vordergrund Teile der Eruptionsspalte. © Achim Kostrzewa
Das Wetter ist sehr wechselhaft auf Big Island. Die Hänge des Mauna Kea und Mauna Loa sind für hohe Niederschlagsmengen bekannt. Hilo ist mit etwa 3.470 mm Niederschlag die regenreichste Stadt der ganzen USA! Der meiste Regen fällt aber nachts.
Am nächsten Tag werden wir in der Puna Ebene südöstlich von Hilo von der schwülen Hitze erschlagen. Am Ende des Hwy 130 liegt ein weiterer Lavafluss, der aber seit der Eruption vom März diesen Jahres keinen Nachschub mehr erhält. Wir hatten geplant, von unserem nahe gelegenen Domizil hier die fließende Lava zu erwandern oder auch abendliche Bootstouren zu unternehmen. Das fällt nun alles ins Wasser. Die jüngste Lava hier ist erst einen Monat alt und noch warm.
Bizzar stehen noch einige intakte Häuser der verwüsteten Ortschaft Kalapana mitten im Lavafluss. Das meiste vom Dorf wurde 1990 vernichtet. Die Bewohner behalten zwar ihre Rechte am Grund und Boden, dürfen aktuell auch wieder dort wohnen, erhalten aber keinerlei Unterstützung seitens der Behörden oder Gemeinden. Es gibt weder Strom, noch Wasser oder gar Abwasserentsorgung. Dafür werden nur 25 USD Grundsteuer fällig, die sonst leicht 1.000 USD bis zu einem mehrfachen davon betragen kann. Die hartnäckigen Lavabewohner haben Solarpower, Propan aus Flaschen und Sickergruben, aber wieder ein eigenes Dach über dem Kopf. Bei den verschiedenen Gastfamilien wird schnell klar, wer hier etwas Geld hat, besitzt auch mindestens zwei Häuser in verschiedenen Inselteilen. Auch eine Art, das Risiko sein Hab und Gut an den Vulkan zu verlieren, zu verkleinern. Betrachtet man die aktuell kartierten Lavaabflüsse, und das Wachstum von Big Island über die letzten 700.000 Jahre, gibt es quasi kein sicheres Plätzchen: Mauna Loa und Mauna Kea, die „Konstrukteure“ der Insel, beherrschen bis heute das Leben an den Vulkanhängen im Guten durch den fruchtbaren Boden, der aus der verwitterten Lava entsteht, wie auch im Schlechten durch den „Zoll“, der quasi bei jedem neuen Ausbruch an die Vulkangöttin Pelé zu zahlen ist. Die Hawaiianer leben von, mit und auf dem Vulkan. Das durchschnittliche Einfamilienhaus ist aus Holz gebaut, oft auf Stelzen stehend mit umlaufender Veranda und kostet auf Big Island etwa 250.000 USD.
Von der Puna Ebene aus machen wir Touren auf den Mauna Kea und entlang der Nordküste bis zum Waipio Valley. Von hier aus bietet sich sogar schon ein Blick auf den höheren Teil von Maui, den Vulkan Haleakala. Das eben noch strahlende Sonnenwetter trübt sich wieder ein.
Also wieder auf die berüchtigte Saddle Road, diesmal von Hilo aus. Als wir den Hwy 200 aus Hilo heraus nach Süden verlassen, erwartet uns ein kleines Wunder: keine enge gewundene Straße mehr da, sondern ein gerader, dreispuriger Highway mit breitem Randparkett, der diesen Namen auch verdient. Der geht bis zum Abzweig von der Mauna Kea Versorgungsstraße, die bis zur Höhe von 3.000 Metern hervorragend asphaltiert und mit Leitplanken versehen ist. Dann erreicht man die Visitor Information Station. Hier sollte man mindestens eine halbe Stunde pausieren, um sich wenigstens etwas an die Höhe anzupassen. Dann geht es auf eigenes Risiko weiter den Berg hoch. Allrad wird in der Broschüre unbedingt empfohlen, aber wenn es warm & trocken ist, tut es auch der normale PKW. Die Straße ist jetzt im April gut gewartet, hat keine Schlaglöcher und ist etwa 12-15 Meter breit. Nur die Querrillen sind etwas störend, aber ja typisch für Schotter. Die Steigung reicht bis zu 20% und in den Reiseführern stehen Märchen von kochender Bremsflüssigkeit und glühenden Bremsen, das mag früher so vor 30-40 Jahren noch so gewesen sein… Wir alle haben aber doch in der Fahrschule gelernt, das man einen Berg im gleichen Gang runterfährt wie auch rauf, oder? Das geht auch bei Automatik, da heißt die Stellung „L“ und beschränkt das Getriebe auf die ersten beiden Gänge. Klar, der Motor schiebt mit 3000 Touren, das bremst aber prima und verbraucht nicht mal Sprit. So zuckeln wir mir 15-20 km/h über den Schotter. Bei 4.000 Metern Höhe fängt dann wieder der Asphalt an, komplett mit Leitplanken. Die 4,5 Meilen sind dazwischen Schotter, wahrscheinlich zu Liebe der Mietwagenfirmen, die fleißig teure 4WD’s vermieten oder aber damit die Astronomen da oben ihre Ruhe haben?!
Das mit den Astronomen stimmt nur bedingt, die sitzen nämlich gar nicht mehr selber am Fernrohr wie noch der gute alte Edwin Hubble auf dem kalten Mt.Wilson. Nein, die Daten werden gleich auf die entsprechenden Institutscomputer überspielt, die Aufnahmen sind natürlich längst digital und viele der Bildoptimierungsprogramme, die heute fotografischer Standard sind, wurden von und für Astronomen oder US-Spionagesatelliten entwickelt. Ohne den kalten Krieg, die Raumfahrt mit den Spionagesatelliten und die Astronomie wäre die digitale Bildaufnahme und Verarbeitung wahrscheinlich noch nicht soweit gediehen, das heute jeder Blödmann mit seinem Smartphone ungefragt seine Familiengeheimnisse in die Landschaft rausröhrt und zu allem Übel auch noch wild rumknipsen kann und den Müll dann auch noch Online stellt.
Also dort oben in der klaren kalten Luft sitzen nur noch Bedienermannschaften, Techniker und Jungastronomen oder Physiker, die neue Hardware bauen oder testen. Hat man es erstmal zum Professor für Astrophysik oder Astronomie gebracht, muss man da nicht mehr frieren, man schickt einfach einen Diplomanden oder Doktoranden hin, der die Arbeit tut und schwärmt selber von der guten alten Zeit, als man noch auf dem Berg arbeitete…
Mir wird es langsam schwindelig: von Meereshöhe innerhalb von 90 Minuten sind wir auf über 12.000 Fuß gefahren. Es sind nur noch schlappe 2 Meilen zum Gipfel, aber es ziehen Wolken auf. Leider ist von der ganzen Astronomie immer noch nichts zu sehen, und bevor es anfängt zu regnen, möchte ich wieder runter vom Schotter, denn wenn es rutscht, nützen einem auch vier angetriebene Räder wenig. Die Straße ist jedenfalls viel besser als viele, die ich in Patagonien, Nordskandinavien oder West-Island befahren habe, aber immer mit der gebotenen Vorsicht. Meinem Beifahrer geht es auch nicht besser, die Höhenkrankheit beginnt für uns total un-adaptierte langsam, aber sicher. Ein bis zwei Stunden Warten würde das Problem sicher beseitigen, das geht aber wegen des drohenden schlechten Wetters nicht. Wir müssen also sofort umkehren. Und richtig, gerade als wird die sichere Saddle Road wieder erreichen, geht der Wolkenbruch schon los, der uns dann 30 Meilen bis Hilo begleitet. Aktuelle Wetter- Informationen gibt es unter http://mkwc.ifa.hawaii.edu/. Der Platzregen könnte bei 4.000 m Höhe auch als Schnee runterkommen! Tage vorher hatte es dort noch geschneit, wie man von unten bei klarer Sicht ahnen konnte. Und dann wird es haarig, und fast egal, ob mit Zweirad- oder Vierrad- Antrieb.
Vulkanmäßig muss der Mauna Kea als sicher gelten, hat man doch einige hundert Millionen Dollar dort verbaut: die beiden optischen 10-Meter Hybridspiegel von KECK I + II, das japanische Subaru-Teleskop mit seinem 22 Tonnen Spiegel, das NASA Infrarot Teleskop, die beiden Submillimeter Teleskope vom Smithsonian und CalTech, u.v.a.m. Ähnlich wie auch in Chile findet sich die internationale Astronomiegemeinde an solchen optischen Hot Spots schnell zusammen, wenn das Geld für neue Instrumente da ist oder nur in Kooperation ausreicht, wie beim Canada-France-Hawaii-Telescope, etwas wirklich Neues zu bauen, um neue Erkenntnis zu erlangen. Genug davon. Mit mir geht mal wieder der grundlagenforschungsorientierte Naturwissenschaftler durch…
Der letzte Tag auf Big Island wird am Strand gefaulenzt, Lesen ist angesagt. Dann geht es nach Maui. Diesmal mit Hawaiian Airlines, mal sehen wann wir ankommen?
Maui – die Insel der Täler
Hurra, pünktlich! Kurz vor 10 Uhr sitzen wir wieder im Auto und fahren durchs schwüle Kahalui Richtung Waipio Valley, zur Needle, einer Felsnadel in einem der steilen Täler, die der Na Pali Küste auf Kauai von der Erosionsform so gleichen.
Am Spätnachmittag geht es vom neuen B&B bei Elaine, einer Ex-Buschpilotin aus Alaska, gleich weiter den Berghang hoch zum Haleakala NP. Überraschung, von heute bis Sonntag ist Nationalpark Day, d.h. sie verzichten auf die 5 $ Eintritt?! Na gut, wir wären so oder so gekommen, vielleicht ist das ja bei anderen Leuten anders, obwohl für 5 $ kann man an der Needle gerade mal parken, und da ist es voll!? Der junge Ranger am Kassenhäuschen meint sarkastisch lächelnd, wenn wir hier zu wenig Einnahmen haben, erhöhen wir einfach die Steuern…
Hawaiis Supervulkane stellen alles in den Schatten, was es sonst noch so gibt weltweit. Beginnend bei einer Meerestiefe von ca.6000m ist der Mauna Kea über 10.200m hoch und wird als Schildvulkan in unserem Sonnensystem nur noch von Olympus Mons auf dem Mars übertroffen. Maui ist etwa 1 Mio.Jahre alt. Die angeblich „größte“ Caldera* der Welt wartet hier auf Maui auf mich. 12 x 4,5 km Ausmaße und 915m Tiefe gerechnet vom Gipfel des Red Hill. Der Blick über die Caldera aus 3055m Höhe auf dem Red Hill ist überwältigend, das Schleppen von Fotohardware dagegen anstrengend. Rund um uns liegen die Wolken bei etwa 2.000m Höhe. Wir blicken über ein Wolkenmeer, über dem um 18:53 die Sonne unterhalb der dicken Wolkenschicht meerwärts verschwindet. Probiere vorher einige Einstellungen aus: 85 mm und manuelle Belichtung scheint am besten zu sein, beziehe den Bergrand als optische Grenzlinien mit ein und staune nicht schlecht, als plötzlich eine Gruppe von Leuten in meinem Sucher auftaucht, die dem Ganzen einen bühnenartigen Pfiff geben, das sehe ich sofort – „Schattenspiele“ ist das beste Bild von heute! Dann der richtige Sonnenuntergang.
* Was ist mit Yellowstone, ca. 75-80 km Durchmesser oder Ngorogoro mit 16 km??? Beide habe ich persönlich besucht und sie sind definitiv größer… Man darf nicht immer alles glauben, was da so in Reiseführern oder Besucherzentren geschrieben steht!
Foto: (links)- Probiere vorher einige Einstellungen aus: 85 mm und manuelle Belichtung scheint am besten zu sein, beziehe den Bergrand als optische Grenzlinien mit ein und staune nicht schlecht, als plötzlich eine Gruppe von Leuten in meinem Sucher auftaucht, die dem Ganzen einen bühnenartigen Pfiff geben, das sehe ich sofort – „Schattenspiele“ ist m.E. mein bestes Bild von heute!
(rechts)- Haleakala Sunrise - Aloha ihr Erdlinge, hier oben ist es kalt! Sitze seit 2,5 h hier, eingepackt wie in der Antarktis © Achim Kostrzewa
“I feel dizzy, my head is spinning…“ (Dizzy, Tommy Roe). Fahre die breite, gut ausgebaute Straße 22 Meilen wieder herunter. Bin aber unkonzentriert und sehr müde: die Höhe (3h bei 3000m, Fotografieren ist auch so eine Art körperliche & geistige Arbeit). Außerdem war es ein langer Tag: schon um 5:00 aufgestanden, Auto beladen, zum Flughafen, Auto abgeben, einchecken, warten, fliegen nach Maui, Gepäck abholen, Auto übernehmen, Wasser etc. einkaufen, B&B anrufen usw. alles wie für eine richtigen Flugreise. Diese dauerte gerade einmal 35 Minuten, bot aber einige phantastische Ausblicke auf die Gipfel von Big Island und auch beim Anflug auf Maui auf den Gipfel des Haleakala.
Foto: Haleakala Sunset. D700, 28mm, manuell, Bl. 16, Stativ. © Achim Kostrzewa
Also um 22:00 ins Bett und der Plan, um 3:00 schon wieder aufstehen und hochfahren wird erstmal gestrichen. Verbringe den Morgen faulenzend (schreibend, Bilder sortierend) auf der Terrasse des Hauses. Es ist seit 1978 in fünfjähriger Arbeit gebaut, komplett aus eigens importierter alaskanischer Sitka-Fichte. Nebenbei haben die beiden noch eine Pineapple Farm hochgezogen und vermieten heute zwei sehr großzügige Zimmer mit großem allgem. nutzbaren Wohnbereich mit Küche und allem. Man sitzt oberhalb der Schwüle und freut sich der Aussicht auf beide Vulkankegel sowie die Nord- und Südküste. Maui ist Zuckerrohrland und die Fabrik unten raucht und dampft, aber hier oben ist die Luft klar und sauber.
Dann, zwei Tage später geht’s looos auf die Magical Mystery Tour: 3:00 Wecker, ein schneller Kaffee mit Käsebaguette in Kula 3:45 ins Auto gejumpt, so richtig voller Energie und warm. Normale Hose mit gefütterter Regen-Überhose, dickes kariertes Wollhemd über langem T-Shirt, Fleece Weste + Jacke, Antarktisanorak, Mütze, Handschuhe, hohe Treckingschuhe mit doppelten Socken. (Die gleichen Klamotten, wie in der Antarktis). 4:48, baue Stativ und Klappstuhl auf dem höchsten Punkt auf, ist ziemlich windig hier. Als wir oben ankommen, ist der Parkplatz noch halbleer, füllt sich aber schnell. Beobachte die Haleakala-Rallye zum Visitor Center, bei uns kommen keine Autos mehr an, der Ranger hat genauso viele durchgelassen, wie eingezeichnete Parkplätze da sind! Ordnung ist halt das halbe Leben… (die andere Hälfe Chaos und Kreativität?!). Lege sofort mit den Aufnahmen los. Der Vollmond bescheint den Krater; am Horizont erscheint ein roter Streifen. Die Venus begrüßt uns als Morgenstern. Vom Saturn, der momentan gut zu beobachten sein soll, sehe ich leider nichts. Es ist mir zu laut hier oben, zu viele Leute können einfach keine Stille ertragen und müssen pausenlos belangloses quatschen und mit ihren Knipsen in die weite Landschaft blitzen. Wenn man da zufällig in die falsche Richtung guckt, verliert man erstmal seine Nachtsicht wieder. Rechts steht ein Japaner mit doppeltem COKIN Grauverlauf drauf (das gibt sicher Purpurstich, evtl. Geisterbilder, mindestens aber massig Flares) und links ein Australier mit Nodalpunktadapter und „fummelt“ Panoramen zusammen. Seine Frau malt derweil, nicht schlecht! Wenn man den Krach ausblendet, ist es richtig schön hier, geradezu magisch. Der eigentliche Sonnenaufgang haut dann die ganze Stimmung weg, finde ich. Die Sonnenuntergangsphotos vom Vorabend wirken vergleichsweise vom Licht her angenehmer und weicher. Die warme Luft speichert mehr Feuchtigkeit und Staub! Beim Sonnenaufgang haut die Sonne gleich voll rein, wenn sie denn da ist, sozusagen gut ausgeschlafen. Und durch die kalte, klare Luft viel intensiver. Der Sternenhimmel ist nicht gut zu sehen, der noch dreiviertel Mond ist dafür viel zu hell. Dafür wird es schnell wärmer. Gemessene Temperatur um 4:45 – 45° Fahrenheit, mit Windchill sicher gut unter 0° Celsius.
Foto: Haleakala Gesamtansicht: Krater über Krater im Krater (= der Caldera). D700, 85 mm, manuell, Bl. 11-16, Stativ, am späten Nachmittag: links sind die Lichtverhältnisse ganz gut, rechts eher bescheiden, aber so ist das bei (zusammengesetzten) Panoramen - man kann nicht in jedem Winkel gleich gutes Licht haben. Rechts sieht man die Pfade des "Sliding Sands Trail" in den Krater führen.
Nach 3h über 3.000m bemerke ich wieder Konzentrationsschwierigkeiten und Müdigkeit. Machen beim Runterfahren noch Halt am Kalahaku Overlook, von hier sieht man jetzt bei phantastischer Beleuchtung auf die Tuff- und Aschekegel in der Caldera. Eine überwiegend vegetationslose Mondlandschaft – klar hier haben die Apollo-Astronauten für ihre Mondexkursionen geprobt! Man möchte hier in Ruhe sitzen und vielleicht ein bisschen Pink Floyd hören: das Pompeji Konzert wäre passend…“set the controls for the heart of the sun...“
Foto: Krater im Krater. D700, AIS Nikkor 4/80-200mm, manuell, Bl. 11, Polfilter, Stativ.
Im Prinzip ist dieses Foto das Ergebnis der Arbeit eines ganzen Tages: frühmorgens und spätnachmittags ist das Streiflicht am besten. So kann man der Form des Kegels auch noch Plastizität, Farbigkeit und Struktur hinzufügen, die man sonst nicht sehen kann. Die Kombination von moderner Digitalkamera und alter, solider Objektivtechnik auf stabilem Stativ ergibt ohne Nachschärfen eine sehr gute Bildqualität. Das RAW kann man auf einen Meter Breite ziehen. © Achim Kostrzewa
Runter geht’s dann ganz gemütlich, anschließend bei einem großen Pott Kaffee auf Elaines Terrasse die Reste vom Baguette und das Bananabred gemümmelt und noch ein Stündchen gepoft. Der Kopf ist wieder voll mit Sauerstoff und der Tag kann weitergehen. Der Ausflug ist absolut empfehlenswert. Je früher man da ist, je besser. Von Elaine & Murray Gildersleeve’s B&B in Kula ist man am nächsten am Krater (1h) dran und hat noch ein phantastisch kühles, großzügiges Haus zum Mitbewohnen. (Buchen über Brigitte Bacchus).
Ein Ausflug über die obere Straße zur Südküste bringt uns bis zur „Natural Bridge“, die ist wirklich kaum der Rede wert. Aber die Straße durch die Lavaflüsse des Haleakala ist schön. Der Blick aufs Meer auch und kaum was los. Der Sonnenuntergang vorbei an der Insel Lanai ist auch nicht zu verachten. Treffe da sogar noch einen Typen, der mit einer alten Hasselblad 500 ELm und dem Sonnar-T* 4/150mm auf Velvia arbeitet. Gratuliere ihm zu seiner Technik. Er antwortet brummig, er mache das nur für sich selbst…kann ich gut verstehen. Die Haptik bringt’s.
Ein Ausflug zur Nordküste lässt mich sofort summen: “Keep your eyes on the road, your hands upon the wheel…“ (Roadhouse Blues, The Doors). Nur Kurven und einspurige Brücken durch einen schönen Primärwald unterbrochen von Farmen mit den obligatorischen Fruit Stands. Am schönsten treffen wir eine junge Deutsche, die drei Monate hier auf Maui auf einer Farm arbeitet, nur für Kost und Logis, und dem selbst bezahlten Privileg auf Hawaii zu sein. Hoffentlich hat sie auch was davon? Und wenn jemand ein Grundstück in schwieriger Lage hat, baut er auf 2-3 Acre einen Botanical Garden drauf. Ein wildes Gemisch aus bekannten Zierpflanzen, Bäumen und allem, was da vorher gewachsen ist, die blöden Touristen merken eh nix. Am Ende unserer Exkursion liegt Hana, ein ziemlicher Reinfall. Aber in den Reiseführern hochgeschrieben, damit die kleinen Exkursionsbusse voll werden??? Während der Fahrt gibt es aber zwei sehr schöne Plätze: die Keane Halbinsel mit viel Schatten am Lavastrand und der Waianapanapa State Park mit einer bizarren Lavaküste, einem Black Sand Beach und einer Black Noddie Kolonie in Fernglasweite. Die Fahrt ist anstrengend auf dem Hwy 36: 617 Kurven und 56 einspurige Brücken und das hin und her, Durchschnitt etwa 30 km/h. Man bekommt aber einen schönen Eindruck von der zerklüfteten Steilküste und der dichten Regenwaldvegetation. Wenn man davon genug hat, kann man getrost in Mama’s Fish House einbiegen, direkt am Hwy 37 am Meer gelegen, saftige Preise, aber auch saftiger Fisch. Selbstversorger wie ich, gehen zum Fischhändler und kaufen große, frische Schrimps und 4cm dicke Tunfischsteaks, frisches Baguette, Glasnudeln, gutes Olivenöl, Knofi, Soyasoße, dazu frischen Salat, selbstgemachtes Papaya-Mango-Zitronen-Chili-Chutney den kalten Chardonnay dazu und fertig.
Der Ausflug nach West-Maui an die wieder trockene Südwest Küste findet auf einer breiten, viel befahrenen Straße, dem Hwy 30 statt. Zwischen dem Hafen Ma’alaea und der Stadt Lahaina liegt ein wirklich schönes Stück Steilküste. Manchmal führt die Straße 50m hoch durch den Hang aus Erosionstälern, manchmal direkt an den wenigen Sandstränden vorbei. Das meiste ist aber Lava aus dem Vulkan von West-Maui. Mauis Vulkangeschichte reicht etwa 1 Mio. Jahre zurück. Seit etwa 500 Jahren herrscht aber „Ruhe“. Historische, sehr unzuverlässige Daten (Hörensagen) sprechen von einem Ausbruch ca. 1790. So junge Lava haben die Geologen aber bisher nicht nachweisen können. Richtung Osten kann man auch dem Hwy 30 bis zu seinem Ende, einem derzeit gesperrten (Brutzeit) Naturschutzgebiet folgen. Vorbei an den 5-Sterne-Ghettos der Golfer, wer da ein Zimmer zur Straße statt zum Strand raus hat, ist gekniffen.
Foto: Der erloschene Vulkan West-Maui vom Haleakala aus: man sieht hier sehr schön, dass der Nordwesten nass und wolkig ist, daher die tropische Vegetation beherbergt und tiefe Erosionsrinnen zeigt. Der Südosten (links im Bild) ist dagegen trocken, besonders im Bereich von unter 500 Höhenmetern. Hier grasen die leckeren Rinder... Die Nordhälfte der flachen Inselteile im Mittelgrund wird vom Zuckerrohranbau dominiert. © Achim Kostrzewa
Das zweite B&B hier auf Maui – Wild Ginger Falls Cottage – ist wieder ein komplettes Ferienhäuschen. Fast im Dschungel an einem Regenwasser gespeisten Flüsschen gelegen, das sich durch Säulenbasalte gegraben hat. Ein eindrucksvoller Baum, von einer Würgfeige überwachsen, steht mitten auf dem Basaltriegel. Sitze auf der mückendichten Terrasse und schreibe den heutigen Tag auf… Abends fängt der Ochsenfrosch wieder an zu konzertieren: Boaarh, boaaarh. „If you ever wake up with that bullfrog’s on your mind…“ (Bullfrog Blues, Rory Gallagher). Im Resttümpel tummeln sich seine Nachkommen: 10 cm große Kaulquappen!
Da wir bei guter Musik sind, hier noch was für die letzte Kraterfahrt morgen: „Hwy 61, Reprise“ hab ich zuletzt gesehen auf Eric Claptons Chicago Guitar Festival 2007. Johnny Winter, fast blind von seiner Zuckerkrankheit, schrubbt das auf seiner zerschrammten Gibson Firebird runter, wie in alten Zeiten. Heute aber klein, zerbrechlich, der von Drogen ausgemergelte Körper auf einem Klappstühlchen hockend, das Mikro mit der Hand ertastend. Aber für einen Song reicht die Kraft noch, unterstützt von zahlreichen Gitarrengrößen auf dieser Bühne und einem großartigen Publikum. Keep on rockin' Johnny!
Beim dritten Kratertripp, wieder nachmittags, hab ich dann keine Probleme mehr mit Müdigkeit. Mein Blut scheint sich schon etwas adaptiert zu haben, ohne zusätzliches EPO. Das Licht steht gut ab spätnachmittags. Das Stativ vibriert im starken Wind. Bleibe bis zum Aufgang der Sterne. Eisekalt wieder. Heute keine Milchstrasse, noch kein Mond, viele Sterne, wenig Flimmern, aber irgendwie mag das West-Australien-Sky-Feeling nicht aufkommen. Sehe die ISS über den Himmel ziehen: in 90 min. einmal um die Erde.
Fazit: Die Tropen so ohne viel Regen sind schon ungewöhnlich. April soll laut Statistik relativ trocken und ruhig sein, was die Besucherzahlen betrifft. Schön ist die Höhenzonierung mit der Temperatur: zwischen 500-1.000m ist es sehr angenehm. An der Küste nur bei Wind und im Schatten. Über 3.000m wird es dann schon richtig kalt mit möglichen Nachtfrösten. Die Vegetation zeigt sich ähnlich vielgestaltig: der Süden und Westen ist sehr trocken, der Norden und Osten tropisch nass mit üppiger Vegetation. Dieses Frühjahr war zu trocken, was man auch an vielen Wasserfällen sehen kann, entweder sie tröpfeln nur noch oder sind ganz versiegt. Ja, und der Vulkanismus, bis auf das Pech mit der Lava, die nicht fließen wollte, ein Traum. Das touristische Hawaii habe ich bewusst ausgelassen, auch Schnorcheln war ich schon seit 40 Jahren nicht mehr, da müsste ich mir erstmal eine optische Tauchermaske machen lassen, ob sich das lohnt? Zu Hause sicherlich nicht. Und nach der Tauchermaske kommt dann ein Unterwassergehäuse nebst Blitzen für meine Kameras usw…
Mahalo, an all die netten Leute und Feriengastgeber, es war schön mit/bei Euch. Asta la Vista, Babe. Ja, und wenn’s nicht so weit weg wäre, könnte man doch vielleicht öfters…
Nützlicher Führer: Ulrich Quack - Hawaii, Iwanovski’s Reisebuchverlag, Dormagen 2009.
Nachtrag 2/2012: Les Beletsky - Hawaii - The Ecotravellers Wildlife Guide, Academic Press, New York, 2000.
(letzte Bearbeitung 5.6.2011, © AKo)