Teil 4: Ittoqqortoormiit, 11. August 2019
"Ittokortormiut" ausgesprochen; man darf sich von den vielen Buchstabendoppelungen nicht verblüffen lassen, so ist das halt mit dem Grönländischen. Wir sind von Tasiilaq etwa 800 km nach Norden gedampft um den Scoresbysund zu erreichen. Den größten Fjord Grönlands. An dessen Gestaden Ittoqqortormiit liegt.
Abends im Scoresby Sund: einzelne Eisberge sind unsere Begleiter. © Achim Kostrzewa
Ittoqqortormiit wurde erst 1925 durch die Dänen gegründet, um die Ostküste mehr zu bevölkern, um den Gebietsanspruch auf Ostgrönland zu festigen. Dazu wurden Grönländer von Tasiilaq und auch von der Westküste umgesiedelt. Heute ist die Siedlung im Schrumpfen begriffen: es gibt nur noch weniger als 400 EW. Vor 10 Jahren waren es noch >50 mehr. Immerhin dürfen die Ortsansässigen pro Jahr 31 Eisbären und beliebig viele Moschusochsen für den Eigenbedarf schießen.
Ittoqqortormiit in der Übersicht. © Renate Kostrzewa
Der Ort liegt geschützt in einer Bucht und zieht sich den Berghang hoch. Die Häuser sind aus Holz und stammen zumeist aus Bausätzen direkt aus Dänemark. Ein Haus mit einfachem Satteldach und einem kleinen Nebengebäude mit geschütztem Eingang ist Standart.
Typische Häuser © Achim Kostrzewa
Auf das Nebengebäude wird eine Art Veranda gebaut zum Felle- und Wäschetrocknen. Alles ist einigermaßen "Eisbärensicher" untergebracht. Heute ist Sonntag und Laden, Kiosk und die Kirche sind zu. Es sind auch nur wenige Einwohner unterwegs. Ich vermute alle sind jagen oder zum Fischen draußen. Das ist wichtiger als Touristen gucken. Ich versuche mich in der Kommunikation mit einem Grönländer namens Frederic, der mit einem großen Fernglas unser Schiff neugierig beobachtet. Weit über die Vornamen kommen wir aber nicht hinaus.
Schwierig: Ich verstehe kein Wort Grönländisch, er kein Englisch, aber wir sind uns freundlich zugetan. Immerhin können wir die Vornamen austauschen. Er heißt Ferdinand. Wir Touris sind bei knapp 10°C und starkem Wind dick angezogen, für die Einheimischen ist es ein schöner Sommertag! Fotos: © B.Papenmeier
Omas, Mütter und "Pänz" auf dem Sonntagsausflug mit Quad und Anhänger. © Achim Kostrzewa
Sonst ist nur noch die Kindergartengruppe unterwegs. Auch der Fußballplatz ist verlassen. Der ist übrigens eine Schau: Kunstrasen am Ende der Welt. Ittoqqortormiit ist schließlich eine der abgelegensten Gemeinden in Ostgrönland:
Kunstrasen am Ende der Welt. Fußball ist die wichtigste Freizeitbeschäftigung im Sommer. © Renate Kostrzewa
Es gibt zwar das Flugfeld "Constable Point" im Osten auf einer vorgelagerten Insel, das Itto per Hubschrauber mit der Welt, sprich Reykjavik auf Island und Ilulissat im Westen verbindet. Der "Hafen" ist dagegen nicht nennenswert, er ist nur drei Monate im Jahr "eisfrei" oder wird wie heute von einem auf Grund liegenden Growler blockiert.
Behelfssteg für die Zodiac Anlandung. © Achim Kostrzewa
Dieser Garagen große Eisblock verhindert, daß die Plattform vor dem Betonpier gewassert werden kann, die extra für die Anlandung von Zodiacs oder kleinen Motorbooten dient. Jetzt kommt die typisch grönländische Improvisation zum Tragen: Ein Caterpillar Radlader trägt die Bootsplattform auf seiner Gabelstaplergabel und positioniert diese am Strand. Aussteigen ist so prima möglich, einige Europaletten dienen als Steg auf den trockenen Strand. Die Gäste müssen aber die Wellen im Auge behalten oder sich strickt an die Anweisungen der Crew halten, sonst riskiert man nasse Füße... Gummistiefel-Anlandungen waren halt nicht geplant!
Nur die Hauptstraße ist mit Beton belegt. © Achim Kostrzewa
Alles andere ist Schotter, die Schlittenhunde laufen wegen der Eisbären teilweise frei herum. Angekettet wären sie leichte Beute! Sie ignorieren uns aber total. © Achim Kostrzewa
Wegen der sinkenden Bevölkerung gibt es eine Reihe von unbewohnten Häusern mit vernagelten Fenstern und Türen (Eisbären!). Die isolierten Rohre führen Strom und teilweise auch Wasser, was aber auch an den blauen Brunnenhäuschen gezapft werden kann. Zentralheizung vom Heizkraftwerk gibt es hier nicht. © Achim Kostrzewa
Geplant war die Anlandung von 15:15 bis 20:15 letztes Zodiac auf dem Schiff. Aber wegen der nötigen Improvisation und dem aufkommenden Wind hat es dann von 16:00 bis 21:30 gedauert. Die Crew und die Lektoren kommen ziemlich verfroren an Bord zurück.
Text und Fotos © Achim Kostrzewa, weitere Fotos © Renate Kostrzewa (2) und © B.Papenmeier (2) (3.9.19)