Quo vadis Fotoindustrie?
Noch nie ist soviel fotografiert worden wie heute! Seiten wie "Instagram" mit Bildern explodieren. Jeder möchte seine Fotos (mit-) teilen und an diesem Hype teilhaben. Photoblogs schießen wie Pilze aus dem feuchten Boden. Jedermann produziert "Content", die hochgeladen YouTube Zeit steigt exponentiell.
"Youtube will likely realize around 500 hours of video content being uploaded to the site every minute" schrieb die Statistik noch 2014, dies ist aktuell schon überschritten. (Quelle: Netz)
Aber was bringt das? Niemand ist mehr in der Lage alle geposteten Bilder und Filme anzuschauen. Selbst, wenn man die Themenvielfalt auf Natur-, Landschafts- und Reisefotos eingrenzt, ist die Bilderflut unüberschaubar geworden.
Wo dran liegt es? Immer mehr Leute verfügen seit dem Zeitalter der Digitalfotografie über ein wie auch immer fotofähiges Gerät (äh, "device"), meist ein Smartphone (1,28 Mrd. Stück in 2014 verkauft!) und posten, was die Bandbreite hergibt. Die Quali der Posts ist fotografisch oft fraglich, aber der Inhalt ist ja meist auch trivial: das leckere Essen aus dem angesagten Restaurant, die Selfies vor bekannten Kulissen, um die "Freunde" zu "beeindrucken" und möglichst viele "likes" abzustauben, dürfte der Hauptgrund für diese Art Fotos sein. Kameras machen gerade mal 10% der fotofähigen "devices" aus, ernst zu nehmende Systemkameras nochmals 1-2 Größenordnungen weniger (siehe nächste Grafik).
x 1.000 Stück auf der y-Achse. Die Digitalfotografie hat der Industrie seit 2.000 einen enormen Zuwachs verschafft, der jetzt wieder auf das Maß der 1990er Jahre zurückfällt. Systemkameras haben da nur einen kleinen Anteil. (Quelle: Netz)
Die Marktbereinigung hat schon vor mehr als 10 Jahren begonnen. Große Player im Profigeschäft wie Hasselblad oder Mamiya sind durch zu langes Festhalten an der analogen Technik pleite gegangen, oder von digitalen Entrepreneuren wie Phase One mittlerweile komplett übernommen worden oder lassen, wie die "Schweden" ihre Digitalkameras bei Fuji bauen und gehören irgendwelchen Hedgefonds. Zu den Großen im Kleinbild Profisegment, wie Canon, Nikon, (Pentax) haben sich die Spiegellosen von Olympus, Sony und Fuji gesellt, und beanspruchen ein größer werdendes Marktsegment bei den "ernsthaften Fotoamateuren". Im Netz und den einschlägigen Zeitschriften tobt weiterhin der Pixelkampf um Auflösung und eine irgendwie definierte Bildqualität der gerade mal angesagten Modelle.
Fotogeräte werden immer teurer: die verkaufte Menge sinkt, der Preis pro Stück steigt immer weiter! (Quelle: Netz)
Dies kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß der Markt wieder kleiner wird und Bereinigungen anstehen. Samsung (NX) hat schnell wieder aufgegeben. Olympus verdient nichts mit der Kamerasparte und wird von deren Medizintechnik quersubventioniert. Bei Sony sieht es auch nicht richtig toll aus und Canikon verdienen auch kein Geld mehr. Die Sparte muß sich gesund schrumpfen und wird dabei Federn lassen. Einzig Leica hat den Turnaround im Hochpreissegment geschafft und stilisiert seine digitalen M-Abkömmlinge zu Lifestile Accessoires um, die im Leica Shop an prominenter Stelle (zuletzt im Ceasars Palace, Las Vegas) für teuer Geld an den Mann oder die Frau gebracht werden... Rollei hat versucht da analog mitzuspielen und ist trotz eines interessanten digitalen Konzeptes (Hy6) gescheitert, einfach weil es zu lange gedauert hat diesen Body marktreif zu machen. Die wunderbaren doppeläugigen Reflexe sind dabei auch auf der Strecke geblieben. Schade um die analoge 6x6 "Rolleiflex f 2,8" (mit Zeiss Planar).
Wie geht es weiter?
"It depends'" wie die Amis so schön sagen. Die Kameramärkte sind abgesättigt. Die Kompakten kauft keiner mehr, weil er schon ein Smartphone hat, beides gleichzeitig ist unnötig. Systemkameras sind was für Fotoenthusiasten, die bereit sind Geld anzulegen und Geräte zu schleppen, die möglichst "professionell" aussehen. Noch mehr Megapixel braucht aber auch hier keiner: schon die Nikon User haben gemerkt, das es sich mit 36 MP einer D800e nicht so einfach leben läßt und bei Canons 5DSR mit 50 MP werden die Files noch größer und noch weniger (gar keine?) Objektive können diesen Sensor ausreizen. Die Jagd nach der besten Auflösung in höchster Schärfe behindert einen bloß beim Fotografieren und dem Finden des "decisive moment". Profis - die ihr Geld mühevoll durch Fotografieren verdienen wollen/müssen - haben für diese Pixelboliden sowieso kein Geld im schmalen Beutel. Die Aufträge bringen meist viel zu wenig ein...
Für mich persönlich reicht mein derzeitiges Equipment völlig aus. Nikon DX (=APS-C) und FX (Kleinbild=Vollformat) mit 12 MP und APS-C mit 16 MP von Fuji. Wenn ich mal großformatige Prints plane oder solche Motive vor der Kamera habe, kann ich immer noch mit einem Objektiv bester Güte und geringer Verzeichnung - vom Stativ aus - stitchen, bis ich auf die nötigen Pixel für einen Großausdruck bei 300 dpi komme. So what?
Und wenn das so leicht geht, wie mit der Fuji X-E2 mit der Auto-Pano Funktion, warum nicht? Dieses Foto kommt als Hochformat direkt aus der Kamera, als unbearbeitetes JPEG. Wurde nur 1:4 auf 1.600 pix Breite runtergerechnet. Für ein Reisefoto aus der Hand mit einer Kamera die kaum was wiegt, nicht zu beanstanden! Objektiv: Fuji XF 2/18mm © Achim Kostrzewa (5/2016) Zur vollständigen Darstellung des Fotos nach rechts scrollen!
Ständig neue, bessere Kameras zu kaufen lohnt nicht mehr. Spätestens ab 20 MP ist bei Voll- und Halbformat ein Qualitätshorizont erreicht, der bei guten Objektiven für fast jede Anwendung (außer vielleicht Werbung) reicht. Geld also lieber in TOP-Objektive investieren, als in Kamerabodies. Leider sind die "Neuen" Originalhersteller AF-Objektive nur in der Bildmitte hochgezüchtet und bringen dort > 70 Linienpaare/mm, habe aber bis zu 50% Verluste bis zum Rand. Beispiel die aktuellen f/1,8 Festbrennweiten WW von Nikon (20, 24, 28mm). Das bringt nix. Fotografen brauchen beim WW durchgängige Schärfe bei Architektur oder Landschaften. Da ist eine homogene Abbildungsleistung wichtig.
Aber bei Fujifilm geht es auch anders: eine gleichmäßig hohe Leistung bringt beispielsweise das Fuji XF 2/90mm mit 55-60 LP/mm (MTF 50) von der Mitte bis zum Rand bei den Blenden 2-8. Ähnlich positiv verhält sich das XF 2/35mm (Daten nach digitalkamera.de). Dann noch das 2,4/60mm und der Urlaub ist gerettet! Also wenn ich heute alles neu kaufen müßte, würde es wahrscheinlich eine X pro-2 mit den genannten Objektiven. Zusätzlich zu meiner XE-2 mit dem 2/18mm. Für die Reisefotografie wahrscheinlich eine ideale Ausrüstung. Ergänzen könnte man "für-immer-dabei" das 18-55 für die XE-2.
Gewandhaus und Universtät. Der Soli scheint hier gut angelegt. Wenn ich mir dagegen meine "alte" Uni in Köln anschaue, könnte die auch ein bißchen schneller und besser renoviert werden.... Fuji X-E2 mit der Auto-Pano Funktion am Fuji XF 2/18mm © Achim Kostrzewa (5/2016) Zur vollständigen Darstellung des Fotos nach rechts scrollen!
Nikon: Da bleibe ich bei meinen bewährten manuellen AIS-Nikkoren und den AF Linsen 1,8/85, 4/70-200 und 4/300 mit TC 14 für die Tierfotos, nebst den Zooms 18-35 und 28-85mm. Und selbst wenn ich die Gehäuse mal wegen Verschleiß in den nächsten Jahre auswechseln werden muß: für die D300 ist eine 10-Bilder schnelle D500 mit APS-C Sensor und 20 MP da die richtige Wahl für die Naturfotos und für "Vollformat" reicht eine langsame D610 mit 24 MP allemal. Meine Objektive bleiben also die "alten". Die manuellen Nikkore passen auch prima zur XE-2, da sie 1.qualitativ sehr hochwertig sind und 2. bei APS-C Format nur den "Sweet Spot" des Objektivs nutzen.
Fazit: Wenn alle so wertkonservativ Fotogeräte kaufen, bzw. nicht kaufen und nur kaputtes ersetzen, wie ich, werden die Absätze weiter sinken und die Preise weiter steigen. Beispiel: Nikons bei Tierfotografen beliebtes 500mm Objektiv kostete als manuelles 4/500 P IF-ED in den 1990er Jahren 6.000 DM. Die erste AF-S Version 6.000 Euro. Heute mit Fluoritglas und superleichtem Gehäuse und VRII in der letzten Version 11.000 €. Der Preis hat sich damit in 20-25 Jahren vervierfacht! Die optische Leistung leider nicht (vgl. Tests in photographylife.com). Daher ist ein manuelles 4/500 P in sehr gutem Zustand immer noch 1.500 Okken wert.
Was mir viel eher fehlt als eine neue Ausrüstung ist Zeit, Wetter und Gelegenheit für meine Fotografie :-)
Kugel- oder Teideginster (Spartocystisus nubigenus, Tenerifa) im Nebelschwaden mit einem Ticken Sonne. Nikon FX, 28-85@66mm, f/10, 1/60sec. manuell belichtet, Stativ © Achim Kostrzewa (12/2013)
Text und Fotos © Achim Kostrzewa (5/2016)