Dreimal Barbara Dennerlein

Text & Fotos © Achim Kostrzewa

Barbara Dennerlein blickte schon in jungen Jahren auf eine lange, internationale Karriere zurück. Vom Orgeljazz, -blues und -funk hat sie ihr Spiel auf immer weitere Musikstile ausgedehnt, die auch Latin oder Klassik umfassen. Die Klassik trieb sie auch zur Kirchenorgel. In den letzten beiden Jahren hatte ich die Gelegenheit ihre drei Konzerttypen zu besuchen:

·       Jazz mit Schlagzeug und/oder mehrköpfiger Band

·       Ein reines Kirchenorgelkonzert: Jazz & Klassik

·       Ein Mix aus beidem Kirchen- und Hammond Orgel

Alle drei Konzertformen haben ihre eigene Faszination und der Jazzfan sollte unbedingt ein Kirchenorgelkonzert besuchen, er wird manche Jazz- und Bluesnummer völlig neu erleben!

 

 

Barbara Dennerlein bei Ihrer Ansage in Sankt Lambertus

 

Mein erster Kontakt mit dieser Hammond Virtuosin geschah durch meinen Kollegen Dieter. Der wußte von meiner Orgelmanie und drückte mir vor vielen Jahren eine MC 90 in die Hand: Auf einer Seite Barbara Dennerleins „Tribute to Charlie“, auf der anderen Charlie Parker himself. Ich war begeistert. Als Frau Dennerlein dann Ende der 1980er Jahre im Kölner Subway auftrat, war ich da. Das Subway ist eine kleiner Club und es war gerammelt voll. Ich saß daher direkt neben dem „Leslie“ (ein kompaktes Hohner ORT Transistorleslie, aber umgebaut für einen Marshall Röhrenverstärker) und konnte der Künstlerin direkt auf den Spieltisch der B3 gucken. So ein Leslie Modell nebst Bertram B3 kam auch über dreißig Jahre später noch in Köln-Kalk zum Einsatz, wo ich sie zuletzt mit einem Jazz-Quartett habe spielen sehen. Tolles Konzert! (1/2017) Für einen Ausschnitt auf YouTube, klicken Sie hier: https://www.youtube.com/watch?v=KPleqHuCdVU

Die zwischenzeitlich voll MIDI-fizierte und vielfach umgebaute Bertram B3 bietet auch E-Pianos, Glockenspiel und Vibrafon und natürlich einen tollen String-Bass für das Pedal.

Frau Dennerlein kann oder will alles außer Rock, denn sie treibt die Orgel nie bis in den richtigen Overdrive, selbst bei der alten Stones Nummer „Satisfaction“ bleibt die Orgel brav. Das ist das Einzige, was mir an ihrem Spiel manchmal fehlt. Klar, ich wurde mit Hard- und Prog Rock sozialisiert, das bleibt. Obwohl es das auch im Jazz schon früh gab: Booker T. benutzt bei „Green Onions“ schon „all out“ (888888888) Registrierungen, selbst Jimmy Smith geht bei „Back at the Chicken Shack“ bis an die Grenze zum Overdrive, was bei einer 88800000 und 84800000 Registrierung gar nicht so einfach ist: Da muß man schon komplexe Akkorde spielen und das Pedal bis zum Anschlag durchtreten. Und an der Endstufe im Leslie bis auf „10“ aufdrehen. Aber man höre Jon Lords Interpretation des „Chicken Shack“ (2004 in Sidney) mit Overdrive… Wunderbar!

Als dann in Aachen in der Anna Kirche die neu mit computerisierter Setzeranlage modifizierte Weimbs  Orgel bespielbar war, gab sie dort ein fulminantes Kirchenorgel Konzert unter dem Motto Jazz & Blues meets Classic. Sie spielte alles vom „Stormy Weather Blues“ bis hin zur „Toccata“. Ich war hin und weg. Klicken Sie hier! https://www.aachener-nachrichten.de/lokales/aachen/organistin-barbara-dennerlein-brilliert-beim-konzert-in-der-annakirche_aid-30769137

 

 

Volles Haus beim Konzert in Erkelenz. Barbara an der hervorragenden "Musifix - B3." Foto © Achim Kostrzewa

 

Neulich in Erkelenz gab sie ein Konzert auf der Chororgel in Sankt Lambertus. Diese Orgel war ein bißchen schwach auf der Brust, zu wenig Luft, so gab es nur zwei Stücke zum Eingang: Eine sehr freie Interpretation von Fats Wallers‘ „Ain’t misbehavin‘“ und ihre Eigenkomposition „Korean smile“. Die neue große Orgel auf der Empore der Kirche muß erst noch gebaut werden und soll 2022 fertig sein. „Korean Smile“ war mir schon in Aachen aufgefallen, es schien mir Zitate von Keith Emersons „Tarkus“ zu enthalten, zumindest aber einen ähnlichen Ostinato Bass, der noch mit zusätzlichen Basslinien auf dem Pedal unterlegt wurde. Ein wunderschönes, teilweise verträumt, romantisches, sehr komplexes Orgelstück.

Die Künstlerin kommentiert charmant ihre Musik.   Foto © Achim Kostrzewa

 

Dann ging es zur Hammond B3, die diesmal direkt vor der ersten Bankreihe stand. Sie können sich denken, daß ich früh genug da war um dort einen Platz zu ergattern. Eine wunderschön restaurierte B3 von 1963, gespielt über ein MIDI-fiziertes Basspedal, was direkt in eine Hartke Basscombo lief. Der Bass kam nicht vom eingebauten Trek II String Bass, sondern von einem alten Akai Sampler und war von Frau Dennerlein selbst für ihre Bedürfnisse an der Orgel modifiziert eingespielt worden. Die beiden Manuale der B3 liefen über den originalen Röhrenvorverstärker nebst Hallspirale der B3 in zwei 760/770er Holzleslies in der moderneren Form, die aber mit jeweils einem wunderschönen, komplett revidiertem 122er Röhrenverstärker ausgerüstet waren. Diese von musifix.nl geliehene B3-Leslie Kombination klingt sehr warm und perkussiv. Barbara Dennerlein lobte die Orgel und ihre Besitzer Sjaak von Musifix sehr und sagte, „immer wenn sie hier in der Nähe der holländischen Grenze auftrete, würde sie diese Orgel nutzen.“ Der rausch- und brummfreie (!) Orgelsound (abgeschirmte 8-polige Neutrik Verkabelung zwischen B3 und Leslies) wurde mit klassischer Leslie Mikrofonierung (zwei in 90° Position am Horn und ein Mikro am Bass) abgenommen und über eine sehr gute PA im gesamten Kirchenschiff übertragen, hervorragend! Und ich bin da sehr pingelig…

 

  

Musifix B3 und Leslie. In dieser Orgel findet sich kein Körnchen Staub, aber einige zusätzliche Technik von TREK II. Links oben im Hintergrund: der AKAI Sampler für den Fußbass und der Hartke Bassverstärker.  Rechts das Leslie 760N auf Röhrenverstärker vom 122er umgebaut, mit interner Mikrofonierung, die hier nicht angeschlossen ist. Foto © Achim Kostrzewa

 

Fazit: jedes dieser Konzerte war mehr als hörenswert, nein, es war einfach begeisternd. Gehen Sie hin und staunen Sie selbst! Ohne jetzt der Künstlerin gegenüber uncharmant werden zu wollen: mehr als 40 Jahre Hammonderfahrung und 20 Jahre mit Pfeifenorgeln machen sich bei diesem virtuosen Spiel bezahlt. „Der Orgeltornado“ Barbara Dennerlein kennt alle Tricks und kann sie auf ihren Instrumenten voll ausreizen. Chapeau!