Azoren 2025 - Pottwale gucken &
fotografieren, nicht so einfach
Wir sind auf die Azoren „geflohen“,
um der Hitze zu entkommen. Aber nicht nur der Hitze wegen, sondern wollen den
Urlaub auch nutzen, um nach Walen, besonders Pottwalen zu schauen. Genau
genommen war das mit der Hitze nur ein positiver Nebeneffekt, weil Renate hatte
die Planung schon mit fast zwei Jahren, wegen der beiden zu mietenden Häuschen
mit Meerblick, eine sehr knappe Recource, im Vorlauf. Ziel sind die Hauptinsel,
Sao Miguel, für die wir uns zwei Wochen Zeit nehmen wollen und dann Pico für
eine weitere Woche. Die Vulkane sind eine weiteres Argument für diese
Inselgruppe. Derzeit sind es hier tags 20-25°C und des Nachts eher 15-19°C,
immer mit einer leichten Seewindbrise, toll. Für die engen, kurvenreichen
Inselsträßchen der Hauptinsel haben wir einen kleinen Citroen C3 gemietet.

Der erste Abend auf
unserer Terrasse: sieht fast wie Neuseeland aus: Pohutukawas und Araukarien. Die
Botanik ist von überall her zusammen gesammelt. Foto:
©
A.Kostrzewa
Wir reisen wieder nur mit kleinem Fotobesteck: Der Laptop kommt mit, eine
abgespeckte Fotoausrüstung auch. Die Fuji X-E2s mit XF 2,8/14, XF 2/18 & XF
2/50mm sowie eine Nikon mit manuellem 28mm WW, 70-200 AF-S Zoom und Tele (420mm)
müssen reichen. Wenn ganz naß werden sollte noch die Olympus TG-5 UW-Kamera. Es
soll auch diesmal in erste Linie ein Urlaub sein... Kameras und Objektive passen
alle in der LowePro AW300.
25.6.: Mittags machen wir einen 35km
Abstecher nach Punta Delgada (dauert 50 min.), um für Samstag eine Waltour auf
einem Katamaran zu buchen. Erhoffe mir davon eine solidere, trockenere
Fotoplattform. Morgen haben wir ja die spezielle Pottwaltour mit dem
Festrumpfzodiac auf der Nordseite gebucht, mal sehen ob‘s klappt und wie’s
spritzt… Auch heut' Abend noch starker Wind, auf den Wellen thronen kleine
Schaumkronen, tippe daher auf Stärke 6 = 39-49 km/h. Das ist das Maximum, wo wir
mit Gästen noch Zodiac fahren können, aber wir haben die kleineren MilPro
Zodiacs für 8-10 Leute in Arktis und Antarktis. Sind schon auf Morgen gespannt,
denn die Wochenendtouren sind wohl schon lange ausgebucht. Wir bleiben flexibel
und haben bis nächsten Freitag bei angenehmen Temperaturen Zeit.
Do.: Das Frühstück ist verregnet,
richtiger „schottischer Drizzle“, dann kommt um 10:00 die Sonne raus. Der Wind
hat deutlich nachgelassen, was Meer scheint ruhig von hier oben. Um 11:30 fahren
wir los. 13:00 soll es los gehen mit dem Boot, wir sind sehr gespannt.
1. Pottwaltour mit dem Speedboot
Die einzige „Pottwaltour“ ins Pottwalschutzgebiet wird auf der Nordseite von
Rabo de Peixe aus von der Firma Futurismo angeboten und nur mit
einem hochmotorisierten „Festrumpfzodiac“: das ist ein Stahlrumpf mit einem
Schlauchbootring außen rum für 16 Personen. Wir haben einen Bootsführer und
einen kenntnisreichen Biologen an Bord. Ein richtiges Zodiac® für 8 Personen
wäre das MilPro, was quasi alle Exkursionsschiffe in der Arktis und
Antarktis benutzen. Das hat große Vorteile: Es ist ganz aus „Gummi“ hat einen
aus vier Teilen zusammengesetzten Holzboden, der auf dem Gummiboden aufliegt und
ist dadurch sehr flexibel, wenn wir mal versehendlich über ein paar Wellenkämme
springen, sehr Rücken schonend. Unser Exkursionsboot hat gepolsterte Sitzbänke
mit Rückenlehne und einem Bügel vorne zum Festhalten. Der feste Rumpf knallt
jedesmal bis auf die Wirbelsäule durch, vorne ist es am schlimmsten, wenn das
Boot springt, so haben wir beide heute „Rücken“. Bei dem Tempo und leider viel
Wind heute, das bei der Suche nach dem Walen nötig ist, ist das Springen des
Bootes unvermeidlich. Wir werden vorne auch ganz schön naß, sind aber
„wasserdicht“ in unsere eigenen Zodiacsachen eingepackt. Fotografieren kann ich
nur mit der Olympus TG-5 (25-100mm, KB-equiv.), die ist UW, also wasserdicht bis
4 m. Wir finden eine Schule von ca. 100 Fleckendelfinen, die das Boot bei
mittlerer Geschwindigkeit umspielen. Da geht nur „point and shoot“, die Ausbeute
ist mager, aber immerhin man gewinnt einen Eindruck.


Fleckendelfine spielen mit unserem langsam
fahrenden Boot. Oly TG-5. Fotos:
© Achim
Kostrzewa
Nun die Pottwale, wir fahren
oder besser fliegen über die Wellen, es ist schlimmer als Galopp im Gelände auf
einem durchgehenden Pferd. Wir haben uns jetzt nach hinten gesetzt, nachdem wir
zweimal vorne einen richtigen Tritt ins Kreuz abbekommen haben…

Pottwale: eine Schule von sieben Walen vor uns! Drei davon in
enger Gruppe. Wir tuckern langsam weiter und ich fische meine Telekamera aus dem
Drybag, der auf meinen Füßen steht oder am Festhaltebügel hängt. Mache einige
Bilder mit 300 + TC14. Die typische, hohe Stirn des oberen Wals ist gut zu
sehen, leider schon außerhalb der wirklichen Schärfezone.

Durch die Wackelei
verliere ich die Wale aber zu schnell und wechsle auf 70-200. Das geht etwas
besser. Das Bild zeigt beim hinteren Wal das
Blasloch und der Vordere schwimmt auf dem Rücken! Man sieht das typische kleine
stark bezahnte Maul. Pottwale sind Zahnwale und tauchen sehr tief, bis zu 1.000
Metern: sie fressen dort z.B. große Kalamare, die sie in der Dunkelheit durch
Echoortung finden. Fotos:
© Achim
Kostrzewa

Links: Pottwalunterkiefer im Museum auf Pico. So ein
Pottwalkopf ist wegen seiner Schallortung riesig - bis 6 Meter lang, macht ein
Drittel der Gesamtlänge von max. 18 m. Diese riesige "Melone" erzeugt >200 dB
laute Ortungsklicks, die vom knöchernen Kiefer wieder empfangen werden. So
entsteht in der Dunkelheit des tiefen Ozeans ein akustisches "Bild" der
Umgebung, das sogar die Jagd erlaubt. Foto:
© Achim
Kostrzewa Rechts: aus Stefan Huggenberger (2006):
Sonarsystem und Kommunikation bei Pottwalen aus anatomischer Sicht. Vortrag an
der Tierärztlichen Hochschule Hannover.

Es ist eng auf dem Boot, jeder hat gerade mal soviel Platz,
wie auf einem Motorrad. Schlechte Bedingungen fürs Fotografieren: der Standpunkt
ist bei dem Wellengang wie heute, einfach zu niedrig. Pottwale liegen ähnlich
wie Blauwale tief im Wasser. Am Samstag haben wir den Katamaran auf der Südseite
gebucht... Foto mit Oly TG-5

Wenn ich nicht so geübt in der Arbeit vom wackeligen Boot aus wäre, wären die
Bilder noch schlechter ;-) Foto:
© Achim
Kostrzewa
2. Waltour mit dem Katamaran von
Ponta Delgada aus
Mittwoch mittags machen wir einen
Abstecher nach Ponta Delgada, als Vorexkursion sozusagen, um für Samstag eine
Waltour auf einem Katamaran zu buchen. Erhoffe mir davon eine solidere,
trockenere Fotoplattform. Das Schiff sieht schonmal ganz gut aus...

Sa.: Heute wieder Walexkursion.
Um es vorweg zu sagen mit „Picos de Aventura“ war das eine echte Pleite. Wir
haben drei Pottwale, Flecken- und den Gemeinen Delphin aus deutlicher Distanz
„gesehen“ haben aber nur jeweils kurz verweilt (5 min vielleicht), um dann
gleich weiterzubrettern! Wozu? Die anderen Boote sind viel länger vor Ort
geblieben. Da wo die besten Aktivitäten waren mit springenden Delfinen z.B., ist
der Kapitän gleich vorbeigefahren?! Fotos sind quasi alle unbrauchbar, zu klein,
teilweise unscharf, zu weit weg, trotz 420mm. Wir werden versuchen nächste Woche
mit „Futurismo“, mit denen wir auch auf der Nordseite erfolgreich waren, noch
ein Plätzchen auf deren Katamaran zu bekommen…

Die Fotoposition ist an
sich optimal, man steht vorne etwa 5 m über dem Wasser. Auf dem Oberdeck hätte
man etwa 8 m. Kreuzende Delfine, hier der "Gemeine" Delfin, da ist gerade mal
die Schnauzenspitze scharf, der Kapitän dreht schon wieder ab. Kein Nachschuß
möglich... Fotos:
© Achim
Kostrzewa, Renate Kostrzewa mit Samsung Handy
Das Boot ist
mit Kapitän, einem Deckhand, und drei weiblichen Guides bemannt, letztere
trinken auf dem Oberdeck Kaffee und stecken die Köpfe zusammen, fallen aber
nicht durch weitere Aktivitäten in Richtung der Gäste auf. Absolut nicht
empfehlenswert !!!
Der dritte Versuch dann mit
Futurismos Catamaran Cetus
Di.1.7.: 13:30 -16:30 ab Kai Ponta Delgada. Wir fahren um 12:00 von zu Hause los und sind kurz vor eins in der
praktischen Tiefgarage direkt am Hafen. Checken sofort ein und suchen uns ein
schattiges Plätzchen mit was Kaltem zum Trinken und mümmeln ein frisches
Brötchen mit einheimischen Heukäse, lecker. Dann geht’s nach der obligatorischen
Einweisung endlich los. Hier sind sechs Biologen an Bord die Portugiesisch,
Spanisch, Englisch und sogar Deutsch sprechen. Zwei Mannschaften und der
Bootsführer. Kein Vergleich zum dünn besetzten "Picos" Boot. Heute ist es wieder
welliger, aber die Cetus liegt ruhig trotz der hohen Geschwindigkeit.
Foto der Page von Futurismo
entnommen:
https://www.futurismo.pt/de/unser-fuhrpark/

Da ruht er nun, japsend
vor Sauerstoffmangel und lädt sich Lungen und Muskeln für einen neuen Tauchgang
auf.
Wir brettern wieder etwa ein Stunde
nach Südwesten, bis wir auf einen einzelnen Pottwal treffen (Walbeobachtung
Ansage 14:35), der sich an der Oberfläche von seinem Tauchgang ausruht. Einzelne
Pottwale sind möglicherweise überwiegend Männchen. Wir nähern uns sehr langsam
und sind nah genug für Fotos von 15:05 – 15:17, laut den EXIFs. Später hat der
Wal genug von uns, wir sind zwischenzeitlich vier Boote, oder wieder Hunger und
taucht ab: Fluke von 15:16,39.0 – 15:16,42.4, Wal braucht zum Abtauchen 3
sec.+4/10sec. Ich bekomme 16 Bilder von allen Phasen und bin happy.

Sauerstofftanken
beendet und schon gehts wieder abwärts... Fotos:
© Achim
Kostrzewa
Sonst sehen wir nichts, keine
Delfine. ABER für mich ein schöner Abschluß. Auf der Hin- und Herfahrt habe ich
noch gute Gelegenheiten Gelbschnabel-Sturmtaucher (Calonectris
borealis, engl. Cory's Shearwater) zu
fotografieren, die wir nachts um unser Haus herum hören. Sie rufen AUA-Aua…



... tagsüber sind
sie auf Nahrungssuche über dem Meer unterwegs. Mangels Dixieklo wird in
die Luft geschissen, da muß man auch als Fotojünger aufpassen. Fotos:
© Achim
& Renate Kostrzewa
Für die
gesamte Population im mittleren und südlichen Atlantik werden ca. 500.000 Vögel
geschätzt. Sao Miguel soll laut lokalen Quellen etwa 30.000 BP und Pico ca.
3.000 BP beherbergen. This species breeds in the Azores
and Madeira (>85% of the global population) Source: birdlife.org/factsheet. Zu
den Auswirkungen der Vogelgrippe gibt es bislang keine belastbaren Daten.
Vorläufiges
Fazit für die drei Touren auf Sao Miguel:
Die beiden
Futurismo Trips waren kenntnisreich geführt und selbst auf dem Speedboot
sorgte der Skipper dafür, das ich von meinen Platz hinten, fotografieren
konnte. Er dreht das Boot jeweils so bei, das es für mich auf meiner Seite
möglich war! Alle anderen Gäste hatten nur Smartphones dabei. Auf der Cetus
war gut Arbeiten möglich, aber leider gab es überhaupt nur einen Pottwal zu
bestaunen. Ich nutze aber die Möglichkeiten hier auch brauchbare Fotos der
Gelbschnabel-Sturmtaucher zu schießen. Picos de Aventura ist m.E. nicht zu
empfehlen, der Kapitän hatte "Hummeln im Hintern" und fuhr nach der Sichtung
von Delfinen und Wahlen gleich weiter ! Warum, muß man sich fragen??? Aber
er war auf die Minute pünktlich zurück im Hafen. Touristen, egal, die haben
ja alles gesehen und kommen sowieso nicht wieder...
4. Waltour
jetzt auf Pico
Hier gibt es
zwei Häfen: 1. von Lajes do Pico mit Futurismos Speedboot, war
ausgebucht und 2. von Madalena mit Pico Sports, die bieten einen
"Katamaran" Reefcat an, da war noch was frei, das haben wir dann nach Mail- und
Telefonkontakt sogar auf Deutsch quasi blind buchen müssen: keine gute Idee sich
auf deren Aussagen zu verlassen. Morgens um 8:30 sollte es schon losgehen:

Oh Schreck, die Reefcat
ist alles andere, bloß kein Katamaran! Es schaukelt/rollt fürchterlich, man muß
den Rücken gegen die Bank drücken und die Füße vor die Bordwand stellen, sonst
geht nichts mit Fotos mit einer richtigen Kamera! Oben auf der Brücke wird die
Schaukelei noch schlimmer. Gleichzeitig die teuerste Fahrt mit 79,-€ p.P. Fotos:
© Achim
Kostrzewa
Di.: Wir fahren um 7:00 los, nach
Madalena, wo wir bei Pico Sports die Waltour mit dem kleinen Katamaran gebucht
haben. Von wegen Katamaran, die Reefcat ist ein normales Boot mit einem
Rumpf und einer hohen Brücke. Beim heutigen Wellengang und dem ewigen starken
Rollen, wundert mich überhaupt einige Fotos erfolgreich geschossen zu haben,
eingekeilt zwischen Sitz und Bordwand. Bei solchen Bedingungen gilt ja: eine
Hand immer für den Mann. Nun kann man mit Tele einhändig nicht vernünftig zielen
und auslösen ?!? Anyway, drei brauchbare Flukenbilder hab ich hinbekommen und
auch ein paar Fleckendelfine mit den 70-200… Nicht empfehlenswert!



Besser als nix allemal,
Tour und Boot sind nicht zu empfehlen: Bootsführer nimmt auf Fotografen
keinerlei Rücksicht. Hier das beste Foto vom Fleckendelfin mit 145mm, sie sind
extrem schnell, meist hab ich nur noch die Schwanzfluke erwischt…Oder eben wegen
der enormen Schaukelei vorbeigeschossen :-( Fotos:
© Achim
(3) & Renate Kostrzewa (1)
Walmuseum
auf Pico

Do.: Walmuseum in Sao Roque, eine
ehemalige komplette Walfabrik. Walfang von 1860 – 1987, nach dem Verbot 1984
wurde auch hier der Walfang allmählich gestoppt. Höhepunkt 1896-1949, bis 1949
wurden etwa 12.000 überwiegend Pottwale von kleinen Ruderbooten aus mit
Handharpunen erlegt. Sie wurden vom Flenskanal im Hafen gleich mittels Stahlseil
in die Fabrik gezogen und der Speck zu Walöl verarbeitet. Die Köpfe wurden
abgetrennt, um an der „Walrat“ zu gelangen, eine wachsartige Substanz der
Melone des Pottwals (Physeter macrocephalus), die im Prinzip eine
überdimensionierte Melone der Delfine darstellt. Dieses weiße, weiche,
schwammige Gewebe befindet sich über den Kieferknochen und ist mit Spermaceti/Walrat
gesättigt. Da verschiedene Bestandteile unterschiedlich im Organ verteilt sind,
dient es als eine Art „akustische Linse“ für die Echoortung (s.o.). Wale
sehen schlecht, machen sich aber damit ein akustisches Bild von ihrer Umgebung.
Bei Tauchtiefen von max. ca. 1.000m gibt es sowie so kein Licht mehr. Nachdem
der Walfang eingestellt war wurde er kurz darauf von Walbeobachtungen abgelöst:
Boote und Personal waren ja bereits vorhanden. Heute studieren viele junge Leute
Meeresbiologie an der Azorenuniversität in Ponta Delgada und bevölkern nach
ihrem Bachelor oder gar Master die Walboote als Guides.

Der Fang der langsamen
Pottwale wurde von Ruderbooten mit Handharpunen ganz klassisch betrieben. Fotos:
© Achim
Kostrzewa
Fazit Pico: auf
alle Fälle ins Walmuseum!
Die Reefcat von
Pico Sports ist zu teuer und bringt für richtige Fotografen mit richtigen
Kameras nix. Man wird nur durchgeschaukelt. Auf Pico dann eher Futurismos
Speedboot versuchen.

Die abendlichen Sonnenuntergänge sind
spektakulär !
Text & Fotos: 26 Fotos
© Achim
Kostrzewa 7/2025,
Renate Kostrzewa, 3 Fotos, kein Nachdruck erlaubt, Zuwiderhandlung
wird verfolgt! Diese Reise wurde komplett von meiner Frau Renate privat
organisiert und gebucht.